Thomas Hitzlsperger

Doku über homosexuelle Fussballer

 „Die Hoffnung ist, dass Fans weiter sind als die Verantwortlichen denken“

Manfred Oldenburg ist Regisseur der sehenswerten Doku „Das letzte Tabu“. Er lässt neben Thomas Hitzlsperger diejenigen Profifußballer ihre ganz persönliche Geschichte erzählen, die sich als homosexuell geoutet haben. Interview Matthias Greulich

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INTERVIEW
Dragoslav Stepanovic: „Weida, immer weida“
Sein Satz „Lebbe geht weida“ ist in die Bundesliga-Geschichte eingegangen. Dragoslav Stepanovic sagte ihn, als seine Frankfurter Eintracht 1992 die fast sichere Meisterschaft in Rostock verspielt hatte. Obwohl Stuttgart Meister wurde, hatte „Stepi“ mit seiner Elf den „Fußball 2000“ kreiert. RUND hat ihn zum Interview getroffen. Interview Henning Klefisch.

 

Dragoslav StepanovicGentleman mit Zigarillo: Dragoslav Stepanovic hat diese Autogrammkarte von Eintracht Frankfurt signiert.

 

RUND: Wie sehr hat Sie Ihr Spruch „Lebbe geht weida“ selber geprägt?
Dragoslav Stepanovic: Meine Mutter hat immer schon gesagt: „Mein Sohn. Für Probleme gibt es Lösungen. Nur du musst aufpassen. Das Leben geht weida.“


RUND: So wie nach der denkbar knapp verpassten Meisterschaft im Jahr 1992 as Trainer von Eintracht Frankfurt?
Dragoslav Stepanovic: Nachdem wir das letzte Spiel verloren hatten, ging für mich sowieso das Leben weiter. 
Natürlich schmerzt diese Niederlage, da Frankfurt die stärkste Mannschaft gewesen ist. Fußball ist dennoch wie jede Arbeit. Es geht um Gewinnen oder um Verlieren. Man hätte in die Geschichte eingehen können, weil Eintracht Frankfurt nicht so oft wie Bayern München den Titel gewinnt. Einmal war 1959 und dann 1992. Jahrelang haben wir darauf hingearbeitet. Wir müssen uns auf das vorbereiten, was kommt. Niederlage, Sieg, Unentschieden, Feiern. Trauern. Immer muss man ruhig bleiben.“

RUND: Im Moment liegt die Eintracht als Aufsteiger auf einem überraschenden 4. Tabellenplatz und hat schon 30 Punkte geholt. Wie bewerten Sie Ihren Ex-Verein?
Dragoslav Stepanovic: Ich bin mit der Entwicklung zufrieden, weil Veh ein Trainer ist, der eine Mannschaft spielen lässt. Die Mannschaft hat noch die ganze Rückrunde vor sich. Vor zwei Jahren war es ähnlich. Ich glaube, dass die Eintracht noch neun Punkte braucht. Ich wäre überaus zufrieden, wenn wir so schnell wie möglich dieses Ziel erreichen.


RUND: Ist die Europa League ein realistisches Ziel für diese Saison?
Dragoslav Stepanovic: Wenn man die Chance hat, die Europa League oder sogar Champions League zu erreichen, dann sollte man diese Möglichkeit auch ergreifen. Man weiß bekanntlich nie, wie das nächste Jahr läuft. Für den gesamten Verein wäre es wunderbar, wenn noch in dieser Saison der Einzug ins europäische Geschäft gelingen würde.

RUND: Wie sehr vermissen Sie die Bundesliga?
Dragoslav Stepanovic: Die Zeit ist vorbei. Ich habe meine Zeit genossen. Ich habe sehr positiv und offensiv spielen lassen. Meine Mannschaft hat nicht nur mir, sondern auch sehr vielen Zuschauern Spaß gemacht. Wenn ich heute über die Straße gehe, sagen mir manche: Ich weiß nicht, wie sie heißen, aber sie haben doch gesagt: Lebbe geht weida.“ Nun weiß ich, dass sich meine Trainerzeit langsam dem Ende zuneigt. Aber ich möchte noch zwei, drei Jahre im Trainerjob arbeiten. Aber dann möchte ich mich einem anderen Job widmen.

RUND: Welchen Reiz hat die Bundesliga im Vergleich zu anderen Spielklassen – ist sie wirklich die stärkste Liga in Europa?
Dragoslav Stepanovic: Nicht nur die stärkste, sondern auch die organisiertieste Liga der Welt. Alles ist klar strukturiert. Die Finanzen sind klar geregelt. Nicht nur sportlich, sondern auch finanziell ist die Liga absolut vorbildlich. Auch in europäischen Wettbewerben, wie der Europa League und der Champions League, haben die deutschen Teams ihre Stärke eindrucksvoll demonstrieren können. Alle Teams haben sich für die Ko-Runde qualifiziert. Das ist schon lange nicht mehr passiert.
Berti Vogts hat vor zehn, fünfzehn Jahren geschaut, wo es im Nachwuchsbereich Verbesserungsmöglichkeiten gibt und Nachwuchsleistungszentren aufgebaut, wovon nun der deutsche Fußball profitiert. Auch die Internate, die jeder Klub haben musste oder sollte. Auch deshalb hat Jogi Löw nun 50 Spieler, aus denen er auswählen kann.

RUND: Wie bewerten  Sie die Nationalmannschaft: Ist die Kritik gegenüber Joachim Löw berechtigt nach dem Ausscheiden gegen Italien berechtigt, oder war die Erwartungshaltung zu hoch?
Dragoslav Stepanovic: Ich habe es nicht verstanden, dass nach dem Griechenland-Spiel, wo das Team so gut funktioniert hat und so hervorragend zusammengespielt haben die Mannschaft so gewaltig verändert worden ist. Man kennt Italien, weiß dass die defensivorientiert sind. Deshalb hätte ich mir technisch stärkere Spieler wie Götze und Reus erhofft, die in der Lage sind, Lücken in die gegnerische Abwehrkette zu reißen. Ich weiß nicht, was sich Jogi Löw dabei gedacht hat. Die Kritik ist nicht unbedingt berechtigt gewesen. Dennoch hätte er sich heute für eine andere Aufstellung entschieden. Die Offensive von Deutschland war überragend. Jedem Fußballästheten ist das Herz aufgegangen.

RUND: Welche bedeutenden Veränderungen hat es aus Ihrer Sicht in den letzten 20 Jahren im Fußball gegeben?
Dragoslav Stepanovic: Ich habe beim Abschiedsspiel von Pelé mitgespielt. Wenn ich meine Schnelligkeit mit der der heutigen Spieler vergleiche, dann war ich langsam. Es hat sich in Technik und Taktik extrem viel verändert. Jetzt sind Trainer gekommen, die die Schwächen der Gegner mit taktischen Maßnahmen ausnutzen wollen und können. Auch das Zuschauerinteresse steigt immer mehr an. Ein absoluter Wahnsinn. Es gibt keinen Überfluss. Ich bewundere Deutschland in den verschiedenen Sportarten, dass soviel Engagement und Leidenschaft von den Fans demonstriert wird.

RUND: Was hat sich taktisch verändert?
Dragoslav Stepanovic: In den letzten fünf, sechs Jahren mit nur einer Spitze ist es nicht mehr so offensiv wie man denkt. Wir haben immer mit zwei Spitzen gespielt. Eine Spitze gegen zwei Verteidiger ist sehr schwer. Ich vermisse die Außenspieler. Außenverteidiger, die über die Seite durchkommen und das Spiel des Gegners durchbrechen. Ich bin der Meinung, dass das Flügelspiel mehr trainiert werden muss. Das Dribbling und die Bewegung ist völlig anders. Die Lücken müssen gefunden werden. Wenn man sie nicht kennt, kann man sie nicht spielen, wenn man sie nicht trainiert, kann man sie nicht spielen.

RUND: Spielt Borussia Dortmund einen Fußball, der nahe an die Perfektion heranreicht?
Dragoslav Stepanovic: Jürgen Klopp war mein Spieler bei Rot-Weiß Frankfurt. Wenn ich sehe, wie er Pressing betreibt, dann ist es sehr ähnlich zu mir, als er in meiner Mannschaft war. Für mich ist Dortmund eine der besten Mannschaften, die Pressing genauso wie das Offensivspiel beherrscht. Wenn ich Götze und Reus sehe, dann hat es jeder Verteidiger extrem schwer. Er überlegt sich dreimal, ob er spielt oder sich krankmeldet.

RUND: Haben die beiden Potenzial in der absoluten Weltspitze mitzuhalten?
Dragoslav Stepanovic: Mit Messi und Ronaldo kann man die beiden durchaus vergleichen, weil sie genauso viele Tore schießen. Auch von der Technik sind die beiden absolut beeindruckend,
In Spanien wären sie fußballerisch sehr gut aufgehoben, wegen der Technik, aber auch, weil die ganze Mannschaft verteidigt. Im Aufbauspiel und auch beim Pressing arbeitet jeder mit.


RUND: Was würden Sie selber im Rückblick anders machen?
Dragoslav Stepanovic: Ich bin total zufrieden. Zwei drei Jahre möchte ich meine Karriere fortsetzen. Die Jugendarbeit wäre mir ein Anliegen, weil ich noch nie mit der Jugend gearbeitet habe. Die Entwicklung von jungen Talenten würde mich enorm reizen, da ich gern etwas aufbauen möchte.

 www.stepiswelt.de

Klicken Sie hier, um Teil 2 des Interviews mit Dragoslav Stepanovic zu lesen.

 

In der Bundesliga war „Stepi“ als Gentlemann bekannt, der mit Zigarillo im Trenchcoat an der Seitenlinie stand. Er wurde am 30 August 1948 in Rekovac im ehemaligen Jugoslawien geboren. Als Spieler kickte er für die beiden Spitzenklubs OFK und Roter Stern Belgrad und machte 34 Spiele für das jugoslawische Nationalteam. 1976 wechselte er zu Eintracht Frankfurt, wo er in zum ersten ausländischen Kapitän eines Bundesligisten wurde. 1978 wechselte er zu Wormatia Worms, ein Jahr später zu Manchester City. Als Trainer betreute er Klubs in Deutschland, aber auch in Griechenland, China, Ägypten, Spanien und seinem Heimatland. Die meiste Beachtung fand sein Engagement bei Eintracht Frankfurt, Bayer Leverkusen und Atletic Bilbao.

 

 Dragoslav Stepanovic"Bin total zufrieden": Dragoslv Stepanovic Foto Pixathlon

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