INTERVIEW
„Lieber vier Minuten Meister als gar nicht“
Der Rollo der Liga: Rolf Fuhrmann sorgte dafür, dass sich Schalke 2001 als Meister fühlen durfte. Der TV-Reporter im Interview mit Henning Klefisch.

 

Thorsten Fink und Rollo Fuhrmann
Am Spielfeldrand mit HSV-Trainer Thorsten Fink: Rolf Fuhrmann bei der Arbeit. Foto Pixathlon

 

Er ist der Meistermacher und vielen Fußballbegeisterten nur unter dem Spitznamen „Rollo“ bekannt. TV-Journalist Rolf Fuhrmann von Sky und zuvor Premiere genießt einen gewissen Kultstatus. Unvergessen sein „persönliches Spielende“ beim letzten Bundesligaspieltag 2001 zwischen dem Hamburger SV und dem FC Bayern München, wodurch der FC Schalke sich vier Minuten lang im Meisterhimmel wähnte. Von Schalkes damaligem Managaer Rudi Assauer ist ihm längst verziehen worden. Der 61-Jährige WG-Bewohner aus Hamburg über die bevorstehende Saison  deutschen Fußball.

 

 

Rollo, es ist ein Thema, dass du immer noch in einer WG lebst, stört dich das, dass du häufig darauf angesprochen wirst oder ist das für dich normal?
Rolf Fuhrmann: Das stört mich überhaupt nicht. Ich wohne nun mal in einer WG, mich stört es ja auch nicht, wenn jemand verheiratet ist oder alleine wohnt.

Du wirst ja von vielen Schalker Fans auch der Meistermacher genannt, wie sehr nervt dich das?
Rolf Fuhrmann: Das nervt mich überhaupt nicht. Das ist schon so lange her und wenn jemand Meistermacher sagt, dann sag ich: „Genießt es doch mal,  dass ihr vier Minuten Meister wart, wer weiß wann ihr es wieder werdet!“ Ich gönne Ihnen natürlich die Meisterschaft irgendwann, aber das müssen sie schon selber machen, ich kann keine Meisterschaften holen.

Wenn du das schönste Erlebnis als Reporter nennen kannst, was war es oder welcher Moment ist es gewesen?
Es gab so viel Momente. Sowohl das mit Schalke, als auch überraschende Meisterschaften wie gerade in meiner ersten Saison, als Stuttgart in Leverkusen Meister wurde 1991/92. Dann die WM Finale, insbesondere das in Berlin 2006, überhaupt die ganze Atmosphäre beim Sommermärchen. Es gab etliche Sachen, die ich nicht mehr missen möchte. Und es gibt sie immer noch.

Wie stolz bist du auf den deutschen Fussball wenn man auch die Qualität im Endspiel sieht zwischen Dortmund und Bayern?
Rolf Fuhrmann: Ich finde seit dem Debakel 2000 hat sich viel getan, vor allem in der Jugendarbeit des DFB und der Vereine. Alle haben sehr davon profitiert.  Also ich bin begeistert von der Entwicklung des deutschen Fussballs.

 Und wird vielleicht auch europaweit das Interesse größer oder auch in anderen Ländern wie Asien oder Südamerika? Dass die dort vielleicht mehr Lust auf die Bundesliga bekommen und dass dadurch die Premier League ein bisschen einbüßen wird in vielen Bereichen?
Rolf Fuhrmann: Ich glaube schon, dass es für Erstaunen gesorgt hat. Insbesondere hat die Bundesliga auf allen Märkten Eindruck hinterlassen, insbesondere bei den Spaniern. Das sieht man daran, dass nicht nur Martinez gekommen ist sondern auch Pep Guardiola. Und es werden noch mehr internationale Stars kommen. Ich denke weltweit ist das Interesse jetzt noch sehr viel größer als zuvor an der Bundesliga. Die Bundesliga ist schon fast an der Spitze dran. Wenn das so weitergeht und sie Beständigkeit hat, kann sie die Spitzenposition  übernehmen, Zumal sie wirtschaftlich die gesündeste Liga der Welt ist.

Uli Hoeneß hat vor ein paar Monaten geäußert dass er spanische Verhältnisse befürchtet, denkst du dass es wirklich realistisch ist? Oder denkst du das auch Schalke, Leverkusen oder  Wolfsburg wieder oben angreifen können in der Zukunft?
Rolf Fuhrmann: Ich hoffe, dass auch andere Mannschaften aus der Liga wieder angreifen können. Momentan ist es ja so, dass Bayern und Dortmund vorneweg marschieren, möglicher weise auch für ein paar Jahre, aber ich hoffe, dass sich das wieder ein wenig relativiert und dass wir weder spanische noch schottische Verhältnisse kriegen. Das wäre für die Bundesliga und für den einheimischen Markt schlecht.

Welcher Mannschaft traust du in der nächsten Saison eine Art Überraschung zu? Denkst du dass Wolfsburg und Hoffenheim durch das nötige Geld nach oben kommen oder bleibt alles so wie es ist?
Rolf Fuhrmann: Das ist immer ganz schwer zu sagen. Mit Freiburg und Mainz hätte das in dieser Saison auch keiner gedacht und auch mit Frankfurt hätte keiner gerechnet. Da muss man jetzt erst mal abwarten wie der endgültige Kader der Mannschaften aussieht und ob Freiburg zum Beispiel nach den Abgängen tatsächlich einbricht oder ob sie das sehr gut kompensieren können. Vielleicht kann man nach Abschluss der Transferperiode mehr sagen.

Düsseldorf und Fürth sind ja direkt wieder abgestiegen, zwei vorherige Aufsteiger, wie siehst du die Chance von Hertha und Braunschweig? Denkst du, dass Braunschweig wirklich so eine Rolle spielt wie Fürth, wie von vielen Experten befürchtet oder meinst du, da geht mehr?
Rolf Fuhrmann: Ich hoffe, dass sie auf alle Fälle drin bleiben. Die Hauptstadt muss einfach da sein. Braunschweig wird es schon etwas schwerer haben, denn die, die in der ersten Liga weit unten spielen wie Augsburg, sind schon relativ gut aufgestellt. Das wird für einen Zweitligisten immer schwerer, oben mit rein zu rauschen und sich zu halten. Ich glaube, Frankfurt war eher eine positive Ausnahme.

Wie enttäuschend ist es dann auch für dich, dass Vereine wie Köln, Lautern oder 1860 München nicht mehr in dem Produkt erste Bundesliga vertreten sind? Sondern das diese in der Zweitklassigkeit "rumdümpeln"?
Rolf Fuhrmann: Einerseits ist das enttäuschend, weil ich finde, dass das Vereine sind, die normalerweise alle in die 1. Bundesliga gehören, aber auf der anderen Seite muss man auch sagen: die zweite Liga wird natürlich durch solche Vereine auch relativ stark und das kann allen Seiten eigentlich nur gut tun.

Jetzt ein etwas komplizierteres Thema: Viele Ultras sind ja auch gegen Kommerzvereine. Wie siehst du das? Ist das eine Gefahr für den deutschen Fußball wenn Mannschaften wie Ingolstadt, Hoffenheim oder auch RB Leipzig hochgehen, oder meinst du das ist Fußball und so muss es sein?
Rolf Fuhrmann: Eine Gefahr sehe ich da nicht. Denn, wenn man sich erinnert, Leverkusen ist schon seit über 25 Jahren dabei. Wolfsburg noch nicht so lange. Aber was will man dagegen machen? Man hat nun mal solche Vereine da stehen. Man kann niemanden ausschließen und ich denke mal,  dass wird sich alles von alleine regeln. Sich dagegen zu wehren, ist eigentlich albern. Es ist zwar wünschenswert, dass Traditionsvereine da sind, aber man darf auch nicht vergessen, der Kommerz ist auch bei den Traditionsvereinen! Ist ja nicht so, dass Vereine wie Dortmund für einen Apfel und ein Ei spielen.

Wie siehst du die Entwicklung der dritten Liga?
Rof Fuhrmann: Einige Vereine werden mit Sicherheit schlecht wirtschaften. Andererseits müssen die unteren Klassen seitens des DFB auch noch mehr gestärkt werden. Das geht ja schon los damit, dass manche Vereine gar nicht in die Oberligen oder auch Regionalligen wollen, weil sie kein Geld haben. Es müssten auch vom System her diese Klassen mehr gefördert werden. So dass man es sich zu mindestens auch leisten kann, in der jeweiligen Klasse zu spielen. Ich finde es auch sehr schade, dass zunehmend Traditionsvereine wie Wuppertal oder jetzt auch Duisburg kaputt gehen. Das kann nicht Ziel des Fussballs sein!

 

 

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