ITALIEN
Inzaghi: „Milan muss wieder Milan sein“
Als Stürmer stand er oft im Abseits, ein gefeierter Torschütze wurde er trotzdem: „Pippo“ Inzaghi ist neuer Trainer des AC Mailand. Er will die Milan-DNA als neuer Trainer des Klubs wiederbeleben. Von Giovanni Deriu.

 

"Pippo" InzaghiNeuer Trainer beim AC Mailand: „Pippo“ Inzaghi Foto: Pixathlon

 

In der Via Turrati in Mailand, in der „Casa Milan", wurden Trainer und Spieler von den tifosi herzlich auf die neue Saison eingestimmt und begrüßt. Der neue Coach und Nachfolger von Clarence Seedorf, Filippo Inzaghi, nutzte die Pressekonferenz, um mitzuteilen, worum es ihm in Zukunft gehe. Der AC Milan, so „Pippo" Inzaghi, sei nicht irgendein „X-beliebiger Club" (die Italiener sprechen Club gern „Clöbb" aus). In der Tat, als viermaliger Weltpokal-Sieger und Fans weltweit sollten die rossoneri schnellstens wieder in die Spur kommen. Nochmals eine Saison wie die vergangenen zwei, als Achter beendete das Team die Serie A letzt, kann sich der Club nicht leisten - Weder finanziell, noch vom Image. Nun soll es Liebling „Pippo" richten.
 
Immerhin - den leichten Weg, wie früher in seinen Spielen, nahm Pippo Inzaghi aber nicht. Nach dem beweinten Ende seiner Laufbahn als Stürmer, verdingte er sich als Juniorentrainer in der U16 sowie „Primavera" von Milan. Und dennoch stets im Fokus der medialen Landschaft Italiens. Denn eines war klar, es würde nur eine Frage der Zeit sein, bis Filippo Inzaghi als Coach die Serie A bereichern würde. Jetzt ist es soweit, und man traut es ihm zu, die Profis mit seiner authentischen Art zu führen, zumal ihm die Spieler abnehmen was er sagt, denn als ehemaliger Nationalspieler (25 Tore in knapp 60 Spielen) sowie Milan-Legende (73 Tore in 202 Spielen, hinzu etliche Tore in Pokal und Champions League), hat sein Wort Gewicht. Nicht, dass der Niederländer und Ex-Partner Inzaghis, Seedorf, weniger Status und Kult hätte - aber Clarence war einfach zu freundlich, und ließ eine stringente Linie vermissen. Inzaghi, zwar beliebt, wurde jedoch auch als Spieler nie von allen gemocht, verstand es immer eine Distanz zu bewahren, sich nie vereinnahmen zu lassen.

Im Sportzentrum Milanello wurden die Rufe nach Inzaghi schon laut, als Pippo noch die Junioren trainierte. Vor-Vorgänger Massimo Allegri hatte es stets schwer, Fans und Journalisten sahen ihn als Berlusconis Marionette an.

Inzaghi dagegen, wie ein Engel aussehend, stets schmächtig, witterte und lauerte einst auf Torchancen. Er war weder schnell noch trickreich, aber sein Gespür für Möglichkeiten in Nähe des Tores - bis heute scheiden sich die Expertenmeinungen. Inzaghi sei eigentlich kein Fußballer, so Alex Ferguson einmal. Inzaghi hielt sich immer hart auf Abseitsgrenze auf, zwischen der letzten Linie, und startete dann - was zur Folge hatte, dass Pippo selbst häufig ins Abseits lief. Ferguson britisch spröde: "Inzaghi muss schon im Abseits geboren worden sein."
Wie dem auch sei, Inzaghi gilt als „Winner", und die Milan-DNA soll er wieder beleben.
Im feinen Zwirn, aber ohne ein Lächeln, diktierte er den Journalisten in die Blöcke, worauf es ihm ab sofort ankomme:
 
Milan müsse wieder Milan sein, sprach er in einer Tonlage. „In der vergangenen Saison haben wohl viele vergessen, dass wir der titelreichste Club der Welt sind!" Ab sofort, werde er, als Coach, nur für den AC Milan da sein. Kollege Antonio Conte von Juve habe ihn, Pippo, schon gewarnt: "Du wirst ab sofort auch unruhige Nächte haben...", das aber, so Inzaghi, mache ihm keine Angst, er schlafe nachwievor gut.

Es war schlichtweg (s)ein Traum, bei Milan irgendwann Trainer zu werden. Nächste Frage, bitte? Balotelli? "Mario gehört ganz klar bei uns dazu", er sei ein spezieller Spieler, und es gehe nun darum, ihn neu zu bewerten und nützlich zu machen - aber ein Balotelli bereichere jedes Team. Mario habe sich nach der blamablen WM sogar einen persönlichen Trainer für Extraschichten geholt, das sei doch professionell. So oder so, langweilig wird es mit Balotelli nie.

Des Trainers Plan derzeit sei, dem Team und Club die  DNA zu kreieren, den Spielern auch wieder Lust zu vermitteln, auf dem Sportzentrum Milanello mit "einem Lachen im Gesicht" zu erscheinen. Um wieder an großen Erfolgen anzuknüpfen, müsse man eine "feste Gruppe" werden. Jeder solle jedem vertrauen können.
Am Enthusiasmus mangele es nicht, habe Pippo schon festgestellt. Pippo selber wolle ganz er selbst bleiben.

Respekt sei aber unabdingbar. Er bringe ihn den Spielern entgegen, und umgekehrt erwarte er ihn auch. Klar, Inzaghi wisse um seine Rolle, das Trainergeschäft sei schnelllebig - aber bisher habe er sich immer professionell durchgesetzt.

Barbara Berlusconi und Adriano Galliani aus dem Clubvorstand meinten unisono: "Wir sind stolz, ihn bekommen zu haben als Coach. Der Mann mit den meisten Toren im Europapokal. Er soll uns weiterbringen ...", im Sportlichen, sowie als "Brand". Die Marke Milan muss wieder leuchten. Und mit wem, wenn nicht mit Pippo? Dem Mann, der oft im Abseits stand - und dennoch Erfolg hatte.
 
Giovanni Deriu, RUND-Autor, sucht die Geschichten hinter den Ergebnissen.

 

 

Zurück  |