INTERVIEW
Morales: Twitter, Internet und die üblichen Verdächtigen
Er war Assistent von Giovanni Trapattoni in München, brachte die Fortuna aus Düsseldorf wieder in die 3. Liga und coachte Waldhof Mannheim sowie die Stuttgarter Kickers. Ein Leben ohne Fußball? Unvorstellbar für den sympathischen Coach. Interview Giovanni Deriu.

 

Massimo MoralesAutogrammkarte: Massimo Morales im Jahre 2004 als Trainer bei Fortuna Düsseldorf

 

Sein Name klingt wie Musik. Und als Fußballtrainer liebt Coach Massimo Morales auch einen offensiven Rhythmus im Spiel seiner Teams. Morales ist in Deutschland, in Europa allgemein, kein Unbekannter. Vom B-Juniorentrainer der Bayern wurde er schnell ins Rampenlicht der 1. Bundesliga sowie der Medien katapultiert. Anfang der 1990er-Jahre, als sich Massimo Morales neben Giovanni Trapattoni auf der Trainerbank wiederfand – als dessen Assistent und Dolmetscher. Dass Morales ein Auge für Junioren und Talente habe, merkten die Verantwortlichen des FC Bayern München schnell. Danach trainierte Morales gar Ghanas Junioren-Nationalmannschaft und war als Scout, unter anderem, für den AC Milan in der Serie A tätig.
Morales trainierte in Tschechien und Ungarn, in der italienischen Schweiz – der italienische Fußballlehrer brachte die Fortuna aus Düsseldorf wieder in die 3. Liga und coachte Waldhof Mannheim und die Stuttgarter Kickers. Ein Leben ohne Fußball? Unvorstellbar für den sympathischen Coach.


RUND: Hallo, Herr Morales, wo erreichen wir Sie gerade?
Massimo Morales: Bei mir zu Hause in München, bin gerade bei der Videoanalyse...über den Satellit kann man viele internationale Spiele beobachten.

 
Sie haben eine bewegte Fußball-Vita, wo gefiel es Ihnen bisher am besten auf der Welt?
Von jedem Land habe ich etwas Wichtiges und Interessantes mitgenommen. Am besten gefiel und gefällt es mir jedoch in Deutschland, deswegen wohne ich hier! Als Scout bin ich oft im Fussball-Land England unterwegs, und dort würde ich sehr gerne eines Tages arbeiten.
 
Bekannt wurden Sie dem deutschen Publikum und der Fußballszene als Assistent und Dolmetscher von Giovanni Trapattoni einst bei Bayern München. Wie wurden die Bayern und Trapattoni damals auf Sie aufmerksam?
Ich war damals bereits seit zwei Jahren bei Bayern München als B-Jugend Trainer beschäftigt. Dank Klaus Augenthaler, der dann als Co-Trainer von Giovanni Trapattoni meinen Namen ins Spiel brachte. Nach einem Gespräch mit dem „Maestro“, wurde vom Verein entschieden, dass ich als weiterer Assistent des Chefs arbeiten durfte.
 
Sie waren also auch erfolgreicher B-Juniorentrainer, wie sah Ihre Arbeit bei den Bayern aus?
Bei FCB habe ich meine Tätigkeit als Trainer angefangen. Schon damals die Raumdeckung und die Viererkette, damals ziemlich unbekannte Methoden auf der Juniorenebene, eingeführt. Einige von den ehemaligen Spielern haben es als Profi geschafft. Vom FC Bayern habe ich die Vereinsphilosophie übernommen. Ich bin diesem Verein sehr dankbar.
 
Ihre Fußballlehrer-Lizenz, die UEFA Pro, machten Sie in der sehr populären italienischen Fußballschule in Coverciano bei Florenz. Wie unterscheidet sich der italienische Fußball-Lehr-Stil  vom deutschen?
Ich habe die B-und A-Lizenz in der Bundesrepublik erworben. Der italienische Fussball- Lehrer-Lehrgang hat viel mehr Unterrichtseinheiten, in der Theorie und in der Praxis. Über Taktik, ein sehr wichtiger Part im italienischen Fußball, referieren sehr bekannte Trainer. Ich hatte einmal, nur als Beispiel, den damaligen Nationaltrainer Dino Zoff (und ehemals Torwart-Weltmeister-Legende; Anm. der Red.) als Lehrer gehabt. Zu Gast kamen auch Trainer u. a. wie Kultfigur Rinus Michels, und da stand immer die Taktik und Neuheiten im Mittelpunkt. Das war in Deutschland damals anders. Taktische Cleverness war damals ein Manko in Deutschland. Durch die Jahre hat das Weltmeister-Land einiges nachgeholt, auch Dank Persönlichkeiten wie früher Ralf Rangnick, und aktuell Jogi Löw und Jürgen Klopp, aber ich bin überzeugt, man könnte noch sehr viel in dieser Richtung machen. Ein Trainer-Talent wie Thomas Tuchel zeigt, dass moderne Trainer sehr viel auf taktische Disziplin setzen.


Jedes Land hat seine ganz spezielle Kultur, und damit auch Fußball-Philosophie. Sie sind, wie erwähnt, viel herumgekommen, Sie waren als Trainer in Ghana, in der Ersten holländischen Division, in Italien sowieso, aber auch in Tschechien, Ungarn und natürlich - in Deutschland. Welcher Fußballstil sagt Ihnen am meisten zu?
Ich  bin als Trainer schon „italienisch“ geprägt, Viel Taktik und Enthusiasmus bringe ich in die tägliche Arbeit mit ein. Aber ich respektiere immer die Fußballtradition eines jeden Landes und habe selbst auch versucht, von der verschiedenen Fußball-Kulturen etwas zu übernehmen. Dabei habe ich in all den Jahren, nennen wir es einmal, eine internationale Trainingsmethodik und Mannschaftsführung sowie einen eigenen Stil entwickelt.

Erfolge feierten Sie auch, mit Pribram in Tschechien zum Beispiel, aber auch die Stuttgarter Kickers retteten Sie. Liegt es Ihnen, Vereine und Teams mit kleinem Budget zu trainieren?
Ich glaube nicht nur, denn ich habe früher bei Fortuna Düsseldorf mit dem Aufstieg und auch in Ungarn mit Honved Budapest erfolgreich gearbeitet, und für die jeweiligen Ligen und Verhältnisse waren die  Budgets relativ hoch. Bisher fehlte mir noch eine echte Chance, bei einem „großen Namen“ arbeiten zu dürfen. Würde das noch passieren, könnte ich beweisen, dass ich auch mit einem großen Team eine sehr gute Arbeit abliefern kann. Von meiner Seite wären die Voraussetzungen da, denke ich.
 
 
Welche bekannten Spieler gingen durch Ihre Schule, wen haben Sie entdeckt?
Ich habe mehrere „Namen“ als Scout und Trainer entdeckt. Gerade in der Position als Scout beim AC Milan sowie später bei Napoli. Spieler wie Dennis Bergkamp, David Trezeguet, Patrick Kluivert oder Juninho, selbst ein Zlatan Ibrahimovic sah ich schon, als ihn noch kaum einer kannte in Europa, oder Edin Dzeko, und viele andere habe ich sehr früh entdeckt und die Trainer aufmerksam gemacht - und das damals, als es noch kein Internet gab! Als Trainer habe hier in Deutschland den Kapitän von Fortuna Düsseldorf, Lambertz, als 18-Jährigen in den Profibereich lanciert. Samy Kuffour, kannte ich schon, bevor dieser zum FC Bayern kam. Ich hatte ihn mit 16 bereits in Italien gesehen.
 
 
Ihrer Meinung nach, wie soll ein heutiger Fußballprofi ausgebildet sein, was sollte er unbedingt mitbringen?
Taktisch muss er versiert sein, um in verschiedene Spielsystemen agieren zu können. Er muss jede Spielsituation lesen und interpretieren können. Technische Begabung hilft immer immens. Immer fit sollte er sein. Seinen Körper, sein Kapital also, pflegen. Aber das ist alles selbstverständlich. Ich denke, er muss vor allem, und ich rede jetzt als ausgebildeter Mental-Coach, seine Intelligenz und seine Kultur ständig weiter entwickeln. Ich rede nicht nur von Spielintelligenz! Wer nur Fußball kann, kommt nicht sehr weit! Er muss mental hochgesund leben! Und sich nicht, zum Beispiel, von Medien wie Twitter und Facebook ablenken lassen. Ein Talent wie Mario Balotelli, vergeudet zu viel Zeit und Kraft für solch unwichtige Dinge und zu viel „Gossip“, Klatsch. Deswegen hat Balotelli bis jetzt den Sprung als ganz Großer Spieler nicht geschafft. Man könnte viel über das Thema sagen.
 
 
Wären Sie momentan wieder bereit für Deutschlands Profiligen? Also offen für einen Verein mit Ambitionen zwischen Bundesliga bis hin zur 3. Liga?
Klar würde ich sehr gerne wieder in Deutschland arbeiten. Ich muss aber offen sagen, ohne hier absichtlich eine Polemik starten zu wollen, dass es in Deutschland sehr schwer ist, eine Trainerstelle zu bekommen. Oftmals ist es, und damit stehe ich nicht allein mit dieser Meinung, eine „politische“ Entscheidung, und nicht immer wird nach Qualität und Erfahrung entschieden. Ehemalige Spieler haben ein Netzwerk, und stützen und fördern sich gegenseitig. Dabei wird oft Werdegang und die Vita als Trainer gar nicht richtig berücksichtigt. Auch zu häufige Trainerwechsel während der Saison sind nicht gut. Soll heißen, in Deutschland kann ein Trainer während einer Saison, auch nach Entlassung oder eigener Kündigung, schon am nächsten Spieltag bei einem Konkurrenten auf der Bank sitzen. So etwas gibt es in den italienischen und spanischen Ligen nicht! Pro Saison darf ein Trainer auch nur einen Verein coachen. Deshalb handelt es sich in Deutschland auch oft um die „üblichen Verdächtigen“.

 
Werden wir Sie in nächster Zeit wieder in Deutschland sehen?
Wenn ein deutscher Verein Wert auf Kompetenz, Erfahrung und Ergebnisse setzt, wäre ich zumindest der richtige Mann. Ich kenne mich bestens aus in der Branche, als Aufstiegsmeister sowohl Feuerwehrmann beim Klassenerhalt. Zudem habe ich in etwa 350 Spielen eine Quote von 70-Prozent an positiven Ergebnissen.
Wenn alles passt, bin ich der richtige Mann für den neuen Verein.


www.massimo-morales.com

Massimo Morales ist derzeit für namhafte Clubs europaweit als Scout unterwegs.

RUND-Autor Giovanni Deriu verfolgt und analysiert seit Jahren Trainer-Biographien.
 

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