INTERVIEW
„Kopiert wird bei uns nicht“
Ernst Tanner über die Uefa Youth League, Ralf Rangnick und das „Tracking System“ im Jugendfußball. Teil 2 des Interviews mit dem Nachwuchsleiter von Red Bull Salzburg. Interview Giovanni Deriu.

 

Ernst TannerHäufig unterwegs: Ernst Tanner, Nachwuchsleiter
und Geschäftsführer der Nachwuchsabteilung von RB Salzburg

 

RUND: Herr Tanner, was halten Sie eigentlich von der Einführung einer Uefa-Youth-League?
Diese Frage beinhaltet natürlich auch den Hinweis auf länderspezifische Aspekte. Für Deutschland und andere Länder mit starken Jugendligen wäre es sie wohl eher eine zusätzliche Belastung. Uns in Österreich wäre es sie  willkommen, einfach um mehr Wettbewerb auf höherem Niveau zu erhalten. So machen wir zusätzlich immer Freundschaftsspiele gegen internationale Juniorenteams, was aber den Wettkampf nicht ersetzt.
 
RUND: Was zeichnet nun das RB-Konzept im Juniorenbereich, egal ob in Leipzig oder Salzburg aus? Wollen Sie bekannte Internate kopieren, etwa La Masía in Barcelona?
Ernst Tanner: Kopiert wird bei uns nicht, wir gehen eigene Wege, aber natürlich haben auch wir uns mit vielen Experten unterhalten und andere Konzepte analysiert und picken den ein oder anderen Aspekt für uns raus. Letztendlich wird man überall am Erfolg gemessen, aber wir möchten eine nachhaltige und allumfassende Betreuung und Ausbildung bieten, mit dem Ziel, dass die Juniorenfußballer irgendwann als Profis in unserem Stadion einlaufen., Darauf haben sie hin gearbeitet und viel Zeit und Disziplin investiert. Die Schule darf dabei nicht zu kurz kommen, es da wird auch alles abgestimmt. Wir von Red Bull möchten den Juniorenspielern, die ab 15 zu uns kommen, Geborgenheit und Freude bieten – wir sind kein Familienersatz, aber wir halten den Draht zu den Familien, und achten darauf, dass sich die Junioren Jungs und alle Angestellten beim Red Bull mit Respekt und Freundlichkeit begegnen. Dass die Junioren bei uns in guten Händen sind, steht außer Frage. Wie gesagt, um Leistungen abrufen zu können, muss die Umgebung stimmen. Sportlich sind die Jungs bei uns bestens aufgehoben. Sportwissenschaftler arbeiten bei uns nach den neuesten Erkenntnissen.
 
RUND: Ihr Spielsystem und Ablauf ist von unten nach oben bis zu den Profis auf schnellen Fußball ausgelegt.
Ernst Tanner: Ja, wir wollen natürlich pressen, die ersten Sprints sind entscheidend, und der Gegner wird soll damit zu Fehlern gezwungen werden, und jeder Spieler sollte das „kleine Einmaleins“ am Ball beherrschen. Dazu werten wir unsere Trainingseinheiten werden auch im Jugendbereich aus. Mit unseren Tracking-Systemen haben wir die Möglichkeit die Anforderungen aus dem Spiel mit unserem Training abzugleichen. Das hilft vor allem im Hinblick auf die Belastungssteuerung und gibt uns auch interessante Hinweise darauf, wie Jugendliche sich in diesen Bereichen im Altersverlauf entwickeln. Sowas gibt es nicht überall, und in unseren „Labs“ laufen die Informationen zusammen – bis ins Kleinste. Unser Tracking-System (Bei dem Leistungsdaten via Chip im Kickstiefel oder Pulsmesser direkt an die Auswertungsstelle zusammenlaufen; Anm. d. Red) liefert uns immer die aktuellsten Werte, was läuft etwa ein 15-Jähriger auf zwanzig Meter im Match, und auch für die Beschleunigung gibt es viele Aufschlüsse. Viele fragen sich vielleicht, wozu dieser Aufwand, aber wir sagen, somit lässt sich anhand der Daten auch ein Training ganz anders gestalten – manchmal von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich.
 
RUND: Wir haben recherchiert und erfahren, dass sich Ralf Rangnick nach seiner Auszeit wegen eines Erschöpfungssyndroms selbst hinterfragte, was er ggf. falsch gemacht haben könnte, und dabei erfahren, dass Ihr Sportchef selbst im Bereich der Ernährung neue Wege geht – arbeiten Ihnen auch hier Experten zu?
Ernst Tanner: Bei uns wird wie vorhin erwähnt alles ins Auge gefasst. Die Ernährung ist eine der wichtigen Teilaspekte bei uns. Gerade bei den heranwachsenden Jugendlichen achten unsere Experten und Ernährungsberater auf eine gesunde und ausgewogene Sportlerernährung. Hier stellt uns der Baustoffwechsel vor Herausforderungen. Durch das Wachstum benötigen sie mehr und vor allem Eiweiße, die sie verwerten können. Zudem verbrennen die Jungs eine Menge Kohlenhydrate. Hier die richtige Balance zu finden, ist nicht ganz einfach. Hier geht es um die Eiweißkennung in Balance mit Kohlenhydrate. Schließlich soll der Körper nicht „übersäuern“, schon gar nicht durch falsche Ernährung. Unsere Junioren sind da immer ganz Ohr, wenn ihnen darüber berichtet wird, was und weshalb dieses oder jenes Gericht gut ist. Es ist ja Fakt, Ernährung beeinflusst uns alle. Falsche Ernährung erst recht.
 
RUND: Zum Abschluss unseres Gesprächs, wie sehen Sie die freien Scouts, die Ihnen in der Hoffnung des großen Wurfs, permanent Talente anbieten?
Ernst Tanner: Natürlich hat das in den vergangenen Jahren überhand genommen, genauso mit den Beratern bereits bei ganz jungen Spielern. Natürlich weiß ich genau, welche Absichten oft meist dahinter stehen. Wir haben bei Red Bull eine klare Abgrenzung und setzen vorwiegend auf hauseigene Scouts, die uns quasi zuarbeiten. Mein Team und ich sind ist viel unterwegs und halten hält uns auf dem Laufenden. Jeder Scout sollte wissen, welche Spieler ein Verein sucht, und welche Spielphilosophie vorherrscht. Ein Scout braucht immer diese Orientierung, wonach er Ausschau halten soll.
 

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Ralf RangnickSeit Juni 2012 ist er Sportdirektor des FC Red Bull Salzburg und RB Leipzig: Ralf Rangnick. Foto Pixathlon

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