KOLUMNE
Der Druck war zu groß
Als Sportvorstand des 1. FC Nürnberg hat Martin Bader in den vergangenen Jahren einiges ausgehalten. Nun geht er in der elften Runde K.o. Von Samira Samii.

 

Martin BaderHört beim 1. FC Nürnberg auf: Sportvorstand Martin Bader. Foto Pixathlon

 

Wir kennen uns seit vielen Jahren und haben im Laufe der Jahre viele gute und auch weniger gute Zeiten mit dem 1. FC Nürnberg erlebt. In der Saison 2006/2007 wurde der 1. FC Nürnberg unter dem Trainer Hans Meyer Tabellensechster in der Bundesliga und gewann überraschend den DFB-Pokal. Schon in der darauffolgenden Saison 2007/2008 blieben die Erfolge in der Bundesliga aus und so stieg der 1. FCN nur ein Jahr nach dem DFB-Pokal-Triumph erneut in die Zweite Liga ab. Im Jahr 2009 schaffte der Club den sofortigen Wiederaufstieg und blieb bis ins Jahr 2014 erstklassig. Seit der Saison 2014/2015 spielt der 1. FC Nürnberg nun mit durchschnittlichem Erfolg in der zweiten Fußball-Bundesliga. In all den Jahren gab es kaum einen Manager oder Sportdirektor in der Bundesliga, über den so kontrovers diskutiert wurde wie über Martin Bader. Und trotzdem hielt er an seiner Position fest. Bader stand wie ein Fels in der Brandung, auch wenn es Kritik hagelte, Trainer gewechselt wurden und sich auch sonst im Verein viel veränderte. In den letzten Jahren gab es nur ein Fixum in Nürnberg, den Sportdirektor und späteren Vorstand Sport: Martin Bader.
 
Leider schaffte der Club in der Spielzeit 2014/2015 nicht den angepeilten sofortigen Wiederaufstieg und bleibt mindestens ein weiteres Jahr in der Zweiten Liga. Der Druck des notwendigen und geplanten Aufstiegs in die Bundesliga wird für die laufende Saison 2015/2016 weiter steigen und hatte am 27. Juli seinen bisherigen Höhepunkt erreicht. Am ersten Spieltag musste der 1. FC Nürnberg beim Bundesligaabsteiger SC Freiburg antreten. Das Spiel entwickelte sich zu einem Debakel für die Franken. Der Club verlor beim Sportclub in einem denkwürdigen Spiel mit 3:6. Doch damit nicht genug: Extreme Fans der Ultras setzten die Mannschaft und den Vorstand soweit unter Druck, dass Martin Bader noch auf der Rückreise aus Freiburg am späten Montagabend einem Treffen mit den Ultras auf einer Autobahnraststätte an der A 5 zustimmte. Darf man als Vorstand seine Mannschaft der Wut einiger extremer Fans aussetzen? Die Antwort ist: Nein! Auch Martin Bader hätte dieser Zusammenkunft niemals zustimmen dürfen. Ein derartiges Treffen ist weder zielführend, noch verbessert sich dadurch die Leistungsfähigkeit der Mannschaft. Dadurch entstand eine weitere psychische Belastung des gesamten Teams und letztendlich musste deswegen sogar das Dienstagstraining verschoben werden. Martin Bader lebte und überlebte als Vorstand seit Jahren wegen seinen guten Kontakte und der strategischen Allianz zu den Ultras, die ihn bei Aufsichtsratswahlen unterstützten.
Donnerstag wurde nun bekannt, dass sich der Club und sein Vorstand Martin Bader zum Ende September trennen werden. In den Medien wird Martin Baders Rücktritt als Nürnberger Sportvorstand als längst überfällig bezeichnet. Doch ist es das wirklich oder wurde einfach der Druck zu groß?
 
In guten Phasen geben nur sehr wenige Fußball-Funktionäre zu, wie groß die Belastung wirklich ist. Meist heißt es, „wir verspüren keinen extremen Druck“ oder „der Job im Fußball ist der schönste Job der Welt!“ Immer wieder wird kontrovers über die Drucksituationen im professionellen Fußball diskutiert. Selbst der Erfolgscoach Jürgen Klopp sagte einmal in einem Interview, „Was wir machen ist Wahnsinn. Nur Druck, Druck, Druck!“ Der öffentliche und mediale Druck steigt natürlich und vor allem wegen der steigenden Professionalisierung, der ständigen Medienpräsenz und des investierten Kapitals.
 
Vor einigen Jahren sagte mir Martin Bader, „natürlich ist der Druck von Medien und Fans riesengroß. Aber er ist auch deswegen so groß und wird so wahrgenommen weil man tagtäglich damit in Berührung kommt.“ Später fuhr er fort, „Deswegen muss man in derartigen Fällen versuchen, auf die Bremse zu treten, denn wir dürfen unsere Arbeit nicht nur vom Bundesligawochenende bewerten lassen, sondern müssen es schon langfristig sehen ohne das Tagesergebnis außer Acht zu lassen.“ Er gab jedoch auch zu, dass es nach einer Niederlage schwierig sei am Montag oder Dienstag zum Bäcker zu gehen und es müsse viel mit der Mannschaft gesprochen werden um diese bis zum nächsten Wochenende wieder aufzubauen. „In den vergangenen Wochen war der Druck in der Öffentlichkeit für den Verein und meine Person belastend. Der Club muss sowohl nach außen als auch nach innen handlungsfähig bleiben“, erklärte Bader selbst in einer Mitteilung zu seinem Rücktritt.
 
Ich wünschen dem 1. FC Nürnberg für diese Saison den Wiederaufstieg in die Bundesliga und Martin Bader alles Gute für seine berufliche und persönliche Zukunft.
 
 
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Samira Samii

 

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