BUCH
Optimist auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten
„Mroskos Talente“ von Ronald Reng beschreibt das Leben eines Helden aus der zweiten Reihe. Der Berliner Talentscout Lars Mrosko wächst einem bei der Lektüre ans Herz. Von Matthias Greulich

 

Uwe Vester, Lars Mrosko und Peter Hyballa feiern auf der Hochzeit des Talentscouts mit dicken Zigarren.
Foto Lars Mrosko privat

 

Man musste ihn einfach mögen, als er auch in der größten sportlichen Misere seinen Optimismus nie verlor. Lars Mrosko, ein junger Mann aus Berlin-Neukölln, wurde vom FC St. Pauli 2002 angestellt, um so etwas wie Talentscouting beim Bundesligaabsteiger einzuführen. Seine Zeit auf St. Pauli war gelinde gesagt schwierig: Er empfahl Spieler, die nie geholt wurden und wurde als Kollateralschaden eines vereinsinternen Machtkampfes ein Jahr später am Millerntor entlassen.

Lars Mrosko machte weiter und wurde vom VfL Wolfsburg geholt, wo er sich für die Verpflichtung von Edin Dzeko stark machte. Felix Magath schätzte Mrosko und vertraute ihm. Doch als Magath zum FC Schalke wechselte, bekam sein Verbündeter Stress beim Werksclub. Nach einer verbalen Auseinandersetzung mit dem damaligen Sportdirektor Dieter Hoeneß löste Mrosko seinen Vertrag auf und wurde Spielerberater. Er wollte ein anderer Spielerberater werden, sich um seine Profis kümmern. Doch das wurde immer schwieriger, wenn alle auf den einen Transfer hofften, der ihnen das große Geld in die Kassen spülen würde.

Ronald Reng hat die Lebensgeschichte dieses umtriebigen Helden aus der zweiten Reihe der Bundesliga so berührend aufgeschrieben, dass der Leser Mrosko rasch ins Herz schließt. Es ist bemerkenswert, wie der Berliner seine Leidenschaft für den Fußball trotz großer Enttäuschungen nicht verliert. Im Geschäft, das den Ballsport inzwischen fest im Griff hat, eckt der Scout trotz seines großartigen Blicks für Talente immer wieder an. Statt auf die übergroßen Egos von Kollegen und Hierarchien in einem Bundesligaklub Rücksicht zu nehmen, sagt er seine Meinung. Das gefällt nicht jedem. Reng beschreibt, wie es für Mrosko auch auf diesem Jahrmarkt der Eitelkeiten faszinierend bleibt, ein Teil dieser Welt zu sein.

Mrosko war ein Kollege von mir, 2002 beim FC St. Pauli. Was dort passierte, hat Ronald Reng gekonnt verdichtet und packend aufgeschrieben. Für die späteren Lebensphasen von Mrosko dürfte ähnliches gelten, auch wenn es einige unglaubliche Begebenheiten mit Spielerberatern und Sportdirektoren zu erzählen gilt. Das macht die Stärke dieses großartigen Buches aus, das nicht skandalisiert, aber die Schattenseiten des Geschäfts nicht ausblendet.

 

Ronald Reng: Mroskos Talente. Das erstaunliche Leben eines Bundesliga-Scouts,
Piper Verlag, 408 Seiten, ISBN 978-3492055932, 20 Euro
RUND-Bewertung: Vier von vier Bällen

Zurück  |