SPANIEN
"Die härteste Saison überhaupt"
Die spanische Primera División erlebt das spannendste Saisonfinale seit Jahren. Real Madrid, FC Barcelona und FC Sevilla spielen um die Meisterschaft. Ein RUND-Bericht über die beste Liga der Welt.
 
 
DecoDeco wird von seiner Mutter geherzt. Foto Sebastian Vollmert
 

 

 

Barças Sorgenfalten
Barcelona. Als Víctor Valdés am frühen Mittwochnachmittag in schwarzem T-Shirt und mit kahl geschorenem Schädel tief unten im Bauch des mächtigen Estadi del Futbol Club Barcelona, dem Camp Nou, vor die Presse tritt, ist er sichtlich um Optimismus bemüht. "Es sind schon viele Meisterschaften am letzten Spieltag entschieden worden", beginnt der 25-jährige Torwart des FC Barcelona mit seinen Ausführungen, "so lange wir noch eine Chance haben, haben wir auch Hoffnung." Ein Dutzend TV-Kameras surren, rund 70 Journalisten schreiben "Chance" und "Hoffnung" in ihre Blöcke. Die Luft ist schlecht. Valdes schwitzt.

Die Ausgangslage vor dem spannendsten Saisonfinale der Primera División seit Jahren könnte dramatischer nicht sein: Erzfeind Real Madrid führt punktgleich die Tabelle an und empfängt am Sonntag ab 21 Uhr Real Mallorca (Hinspiel: 1:0), Barça muss zeitgleich bei Schlusslicht und Absteiger Gimnástic de Tarragona ran (Hinspiel: 3:0). Bloß ein Sieg reicht den zweitplatzierten Katalanen allerdings nicht, da in Spanien - warum auch immer - die unglückliche Regelung des direkten Vergleiches zählt. Barcelona, um 17 Tore besser als Madrid, muss somit auf einen Ausrutscher der Hauptstädter hoffen. "Es wird schwer", relativiert Valdés auch sogleich seinen professionellen Optimismus. Wobei die Falten auf seiner Stirn nicht verschwinden wollen und genug seiner Gedanken offen legen. Denn es könnte eine Saison voller Enttäuschungen werden: das Viertelfinal-Aus in der Champions League, das Ausscheiden im Halbfinale des spanischen Pokals und der drohende Verlust der Meisterschaft, ausgerechnet an Real Madrid. Als Victor Valdés die Pressekonferenz verlässt, sind seine Sorgenfalten immer noch deutlich zu sehen. Oliver Lück

 


Beckhams Abgang

Madrid. Sich im richtigen Augenblick unvergesslich in Szene zu setzen, beherrscht David Beckham wie kein anderer Fußballstar. Er hat nur noch einmal die ganz große Bühne dafür, beim Saisonfinale von Real Madrid im Estadio Bernabéu gegen Real Mallorca. Ein Sieg und die Königlichen wären Meister, unabhängig davon, was die Verfolger FC Barcelona und FC Sevilla ausrichten. Beckham präsentierte sich in den letzten Spielen in einer Form, die man ihm nicht mehr zugetraut hätte. Wochenlang nicht mehr berücksichtigt, von Real-Präsident Ramón Calderón als "mittelmäßiger Hollywood-Schauspieler" abgewatscht, feierte der Engländer gegen Ende der "härtesten und schwierigsten Saison seiner Karriere" eine grandiose Wiederauferstehung. Mit den lange versteckten Mitteln eines außergewöhnlichen Fußballers strafte er alle ab, die ihn diskreditiert und auf die Rolle des dekorativen Begleiters seiner Gemahlin Victoria reduziert hatten. Trotzdem: "Das Spiel gegen Mallorca wird definitiv mein letztes für Real sein", lehnte der 32-Jährige auch den Wunsch der Klubführung ab, seinen anstehenden Wechsel zu Los Angeles Galaxy in die USA noch einmal rückgängig zu machen.

Trotz eines bestens aufgelegten Beckham: Für Real-Trainer Fabio Capello verliefen die Vorbereitungen auf das Finale unruhig, seine Stammspieler Robinho und Diarra wurden von ihren Verbänden angefordert, um am Wochenende für Brasilien und Mali anzutreten. Erst nach hartnäckigem Gerangel erteilte die FIFA inzwischen beiden Spielern die Freigabe für das Finale in der Primera Division. Die Hauptrolle müsste aber nach den Gesetzen der theatralischen Inszenierung Beckham zufallen, dem es vorbehalten sein dürfte, mit dem entscheidenden Treffer den Meistermacher zu spielen und dem spanischen Rekordmeister den ersten Titel seit 2003 zu bescheren. Nur das wäre ein Abschied, der des ersten und hoffentlich auch letzten meterosexuellen Fußballstars würdig wäre.
Rainer Schäfer

Steigt Odonkor ab?

Sevilla. Vor dem Trainingsgelände von Betis Sevilla stehen die Fans in Gruppen zusammen. "Es ist eine Schande", sagt einer, die Umstehenden nicken ernst. Am Sonnabend wird eine schlimme Saison für die Béticos zu Ende gehen - und das ausgerechnet im Jahr des 100-jährigen Bestehens. Vorgestern sind die Sonderbriefmarken auf dem Markt gekommen, die Betis ehren, aber die Fans denken nur an das Spiel in Santander. Spanische Fans sind noch traditionsbewusster als in Deutschland. Im Jubiläumsjahr in die zweite Liga abzusteigen, ist für alle hier unvorstellbar.

Auf der Pressekonferenz beschreibt Kapitän Juanito die prekäre Situation. "Es bleibt uns gar nichts anderes übrig als zu gewinnen. Wir können uns den Luxus nicht erlauben, auf die Resultate der anderen zu schauen." Die Konkurrenten Athletic Bilbao und Celta de Vigo spielen daheim gegen Levante und Getafe, für die es um nichts mehr geht.

David Odonkor erlebt bei Betis bereits den dritten Trainer. Der Baske Javier Irueta wurde vom Franzosen Luis Fernandez abgelöst, der am Sonntag nach der desaströsen 0:5-Heimniederlage gegen Osasuna entlassen wurde. Paco Chaparro, der bisherige Trainer der zweiten Mannschaft, hat übernommen. "Ein Mann des Hauses", wie Juanito betont. Der sevillanischen Presse hat Chaparro noch keine Interviews gegeben. Zu aufgeheizt ist die Stimmung in der Stadt, am Sonntag haben die Fans ihrem Unmut rund um das Stadion Manuel Ruiz de Lopera gewaltsam Luft verschafft. Die Mannschaft konnte nach Stunden nur unter Polizeischutz die Kabine verlassen. Die Ruhe ist gespannt, mehr Fans als üblich werden ihre Elf in den Norden nach Santander begleiten. Für Montag ist schon eine Vollversammlung der Fanklubs geplant: "Für ein anderes Betis".
Matthias Greulich

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