EURO
Das kroatische Versprechen
Die Erwartungen, die Kroatien im Verlauf des Turniers geweckt hatte, konnte das Team wieder einmal nicht erfüllen. Dennoch werden nach dem Aus im Achtelfinale Talente wie Flügelspieler Marko Pjaca nun von europäischen Topklubs gejagt. Von Giovanni Deriu.

 Marko Pjaca und Luka ModricNach dem Aus gegen Portugal: Marko Pjaca, Luka Modric und Andrej Kramaric können es nicht fassen. Foto Pixathlon

 

Die Experten waren sich einig, und wieder einmal täuschten sich alle in der kroatischen Nationalelf. Zu stark und technisch ausgeglichen starteten die Kroaten in diese Europameisterschaft, siegten mit Ballzauber und Leidenschaft gar über Spanien, und am Ende reichte es dennoch nicht. Wie ein Stich ins Herz traf die Kroaten das Tor Quaresmas in der 117. Minute der Verlängerung für Portugal. 0:1. Aus der Traum, der schlichtweg im Erreichen des Finals in Paris enden sollte. Was bleibt übrig? Viel Lob, und das halbe Europa an Topklubs steht bei den Kroaten Schlange.

Trainer Ante Cacic stand nach dem verlorenen Achtelfinalmatch gegen Portugal noch einige Minuten regungslos da. Die kroatische Fanszene im bekannten weißroten Schachmuster zollte wohl höflichen Applaus, aber mehr auch nicht - während das Team mit den Tränen kämpfte. Cacic wusste, dass er der heimischen Presse Rede und Antwort stehen musste. Warum habe das Team nicht mehr so elanvoll an die Leistung wie gegen Spanien anknüpfen können, weshalb haben seine Kroaten gegen Portugal kein Konzept gehabt, um das portugiesische Bollwerk im Mittelfeld wie in der Abwehr auszuspielen? Aber eine Frage interessierte auch die internationale Presse und einige Beobachter: Warum nur brachte Coach Cacic das Sturmtalent von Dinamo Zagreb, Marko Pjaca, so spät ins Spiel, wo dieser doch gegen Spanien für viel Unruhe sorgte? Kaum war Pjaca für den "narkotisiert" wirkenden Rakitic (Zitat in der Gazzetta dello Sport) im Match, machte Marko Pjaca über rechts auch schon viel Wind, die Portugiesen hatten ihre Probleme mit dem umtriebigen Wirbler. Immerhin kam Perisic zu seinem Kopfball an den Pfosten. Der Rest ist bekannt.

Abermals konnte ein Trainer das geballte Talent im kroatischen Kader nicht bündeln, und zur Höchstform über einen längeren Turnierzeitraum steuern.

Früher war es Jugoslawien, aber heute noch meinen Experten wie Fußballromantiker, die Kroaten (und auch Serben) seien die Balkanbrasilianer. Kroatische Talente und Spieler sind jedenfalls gefragt: Nur sechs Spieler aus dem Kader, darunter Marko Pjaca, spielen in der heimischen Liga. Ansonsten spielen die Kroaten verteilt in ganz Europa,

Mario Mandzukic und Nikola Kalinic in Italien bei Juventus und Florenz, sowie Marcelo Brozovic bei Inter Mailand wie auch Perisic, und selbst Sassuolo hat mit Sime Vrsaljko eine kroatisch Kraft. Luka Modric und Mateo Kovacic bei Real Madrid, Ivan Rakitic bei Barcelona, Andrej Kramaric spielt für die TSG 1899 Hoffenheim, ausgeliehen von Leicester City. Aber selbst in Russland und auch in der Ukraine sind Kroaten Leistungsträger. Und, wohl gemerkt nicht nur Nationalspieler, in Italien, Spanien und Russland verstärken noch weit mehr kroatische Spieler die Teams, bis hinunter in die dritte Ligen.

Jedenfalls beginnt jetzt wieder der Ausverkauf, denn bei Flügelflitzer Marko Pjaca stehen die Einkäufer bereits Schlange. Pjaca war bereits bei Bologna im Gespräch, aber Pantaleo Corvino, ein einflussreicher Funktionär, wird ihn versuchen, nach Florenz zu lotsen - dort wird Corvino Sportlicher Direktor.

Aber Pjaca hat auch die Begehrlichkeiten der Klubs wie  AC Mailand (wo auch immer mehr reiche Chinesen das Sagen haben) sowie Inter geweckt, Juventus versucht seine Anwerbeversuche noch hintenrum. Aber auch aus Spanien klopfen Atletico Madrid und der FC Barcelona an. Aus der Premier League bekundete Klopps FC Liverpool Interesse.

Sein Agent Marko Naletilic gibt sich bedeckt: "Klar, dass nun alle Topclubs aus Europa an ihm dran sind. Wir schauen gemeinsam, wo er sich am besten entwickeln kann..."

Und es zeigt einmal mehr, dass die Fußball-Akademien von Dinamo Zagreb aber auch von Hejduk Split seit Jahren in Europa gute Nachwuchsarbeit leisten, das Geld aus dem Ausland wird zielgerichtet in die Ausbildung der Junioren, also auch in gute Trainer, investiert.

Schade nur, dass Topclubs davon mehr profitieren als die kroatische Nationalelf. Bis zu einem großen Gewinn bei einer EM oder gar WM wird es noch ein Weilchen Dauern. Pjaca wird der Leitwolf der Zukunft. Sein Wert wird momentan auf 25 Millionen Euro beziffert. Nicht schlecht für einen 21-jährigen. Pjaca kann rechts wie links spielen, und Spiele entscheiden - wenn er nicht "auf der Bank vergessen wird", wie Kritiker dem Nationaltrainer Cacic vorhalten.

 Ivan Rakitic.Raus gegen Portugal: Ivan Rakitic. Foto Pixathlon

 

 

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