INTERVIEW
„Als Stand-By-Spieler würde ich mich nie bezeichnen“
Dominik Kaiser machte den Weg von RB Leipzig von der Regionalliga bis in die Champions-League mit. Gegen Besiktas Istanbul wurde der langjährige Kapitän unter dem Jubel des Publikums eingewechselt. Interview Giovanni Deriu

 

Dominik KaiserTrug auch in der Bundesliga die Kapitänsbinde von RB Leipzig: Dominik Kaiser. Foto Pixathlon

 

RUND: Dominik, du stammst aus der Ostalb. Hast du oft Sehnsucht nach der Heimat, oder ist Leipzig nun nach fast 5 Jahren Deine, sagen wir einmal, Wahlheimat?
Dominik Kaiser: Heimweh habe ich bisher noch nie gehabt, weil ich mich in Leipzig sehr wohl fühle, und es sich für mich nach über fünf Jahren wirklich nach Heimat anfühlt. Trotzdem fahre ich immer wieder gerne Richtung Ostalb/Waldstetten und freue mich, wenn ich dort Freunde und vor allem meine Familie sehen kann …

Worin unterscheiden sich Schwaben von den Sachsen am meisten, oder umgekehrt?
Die Sachsen sind aus meiner Sicht ein bisschen extrovertierter und direkter… und beim Dialekt gibt es sicher auch Unterschiede (ein Zwinkern an dieser Stelle).

Du wirst in Leipzig und bei den Fans von RB als Legende gesehen: Schließlich hast du bei drei Aufstiegen von der Regionalliga bis hin zur Bundesliga maßgeblich mitgeholfen. In der 3. Liga wurdest Du gar zum Spieler der Saison gekürt. Letztendlich wurdest du gar Vize-Meister und stehst im Champions-League-Kader. Musst du dich manchmal noch zwicken, ob das Ganze in deiner Karriere wahr ist? Es gleicht ja einem Märchen, und alles in so kurzer Zeit.
Zwicken muss ich mich nicht - aber immer wieder, gerade wenn es mal sportlich vielleicht nicht ganz so optimal läuft, erinnere ich mich gerne an die letzten Jahre zurück. Und dann wird einem schon auch bewusst, dass man hier bisher richtig viel erreicht hat und dass das nicht selbstverständlich ist...

Über deine Personalie wird derzeit viel spekuliert, Deine Einsatzzeiten sind so hoch nicht, aber ich erinnere mich an ein kurzes Gespräch mit dir, bereits in der 3. Liga, als du meintest, mit 26 gehörtest du bei RB "bereits zum alten Eisen"... Du kennst Die RB-Maxime und Philosophie wie kein anderer. Ich behaupte einmal, Ralph Rangnick wollte dich als erfahrener Stand-By-Spieler für die Jüngeren im Kader haben, und ein Fanliebling mit hohem Identifikations-Wert bist du auch, das macht RB familiärer. Wolltest du wechseln, oder hast du es jetzt vor?
Als Stand-By-Spieler werde ich mich nie bezeichnen. Auch momentan nicht. Ich bin mir auch sicher, dass Ralf Rangnick mich nicht als solchen Spieler sieht. Ich bin über meine wenigen Einsatzzeiten zwar nicht glücklich. Aber so ist der Fußball. Anfang der Runde war für mich klar, dass ich die erste CL-Saison mit RB durchziehe und habe auch an meine Chance geglaubt. Es ist aber auch klar für mich, dass ich einfach häufiger auf dem Feld stehen möchte, deshalb ist für mich ein Wechsel grundsätzlich nicht ausgeschlossen.

Mit 29 bist du eigentlich im besten Fußball-Alter, oder? Gesund und fit bist du auch, und warst eigentlich nie schwerwiegend verletzt...
Ich bin topfit, hatte bisher noch keine schweren Verletzungen und bin in dieser Hinsicht glücklicherweise bisher sehr gut durch meine Laufbahn gekommen. 

Was unterscheidet sich von der Vorbereitung zu Spielen in der Champions-League zu denen in der Bundesliga?
Bei CL-Auswärtsspielen absolvieren wir unser Abschlusstraining manchmal im Stadion des Gegners. Reisen somit am Tag vor dem Spiel schon früher an und trainieren dann dort. Die direkte Vorbereitung am Spieltag unterscheidet sich nicht. Sie ist identisch zu den Bundesligaspielen.

Wie siehst du rückblickend die Zeit, als du vom Oberligisten und quasi "Heimatclub" FC Normannia Gmünd zur TSG 1899 Hoffenheim gewechselt bist? Von der U23 der Hoffenheimer schafftest du relativ schnell den Sprung in den Profikader, allerdings fanden dann doch einige Trainerwechsel statt (Markus Babbel und Holger Stanislawski) - hast du aber immer gewusst, du schaffst es auf diesem Niveau, oder gab es auch Momente des Zweifelns?
Es gab einige Momente des Zweifelns. Schon in der Jugend gab es Rückschläge, als mir klar signalisiert wurde, dass ich zu klein wäre und in dieser Jugendmannschaft keine Chance bekommen würde. Sicher war der Wechsel nach Hoffenheim entscheidend. Und nachdem Ralf Rangnick mich bei den Profis mittrainieren ließ, hab ich schon gemerkt, dass die „richtigen“ Profis nicht so weit weg sind und dass man auch dort mithalten kann. Das war ein wichtiger Schritt und danach habe ich unabhängig von den jeweiligen Trainern die BL für mich immer für möglich gehalten.

Zu wem pflegst du richtige Freundschaft im Profifußball, gibt es dort wahre oder tiefe Kameradschaft?
Die gibt es mit Sicherheit. Aber natürlich wird die Luft in den höheren Ligen immer dünner, somit Konkurrenzsituation höher … und dementsprechend kämpft auch jeder um seine Position. Ich habe aus Hoffenheimer Zeiten mit Adam Jabiri und auch mit Jannik Vestergaard sehr engen Kontakt. Mit vielen Leipzigern, gerade auch aus den Aufstiegsjahren, haben sich Freundschaften entwickelt. Frahn, Fandrich, Poulsen, und noch paar mehr…

Deine absolute Lieblingsposition?
Ganz klar das Zentrale Mittelfeld mit offensiver Ausrichtung. 

Zum Schluss, da ja ein Wechsel nicht unmöglich zu sein scheint: welches Land gefällt dir ziemlich gut? Also, direkt gefragt, könnest du dir eine andere Liga vorstellen, als die Bundesliga?
Fußball in England kann ich mir sehr gut vorstellen. 

 

Zurück  |