BUCH
Still gleaming
Jules Rimet hat die Fußballweltmeisterschaft erfunden. Der bis 1970 ausgespielte Pokal ist nach ihm benannt. In ihrem Buch „Das Geheimnis der Goldenen Göttin“ beschreibt Antje Luz, wie der einstige Fifa-Präsident den Fußball sah und wie sich der Sport wieder auf seine Wurzeln besinnen könnte. Von Matthias Greulich

 

coupe jules rimetDer Coupe Jules Rimet. Foto: Pixathlon

 

„Jules Rimet still gleaming“ heißt es im Song der Ligtning Seeds, den die englischen Fans bei der Weltmeisterschaft in Russland wieder einmal intonierten. Also ließen die Three Lions im Sommer tatsächlich noch ein Schimmern des 1966 zum ersten und vorerst letzten Mal gewonnenen Weltpokals  erkennen. Aber was ist mit den Idealen des einstigen Fifa-Präsidenten, nach dem die bis 1970 ausgespielte Trophäe benannt wurde? Dieser Frage geht die Autorin Antje Luz in ihrem Buch „Das Geheimnis der Goldenen Göttin“ nach.

Rimet sah den Fußball zeitlebens als „Mittel für weltweite Freundschaft“. Neun Jahre hatte er mit viel Geschick Unterstützer für seine Idee der Weltmeisterschaft gesucht. Aber erst als Uruguay 1930 die Zusage gab, die Reisekosten für die lange unwilligen europäischen Verbände zu decken, wurde aus der fixen Idee Realität. Mit dem Pokal im Handgepäck konnte sich der Franzose mit dem auf die lange Schiffsreise begeben. Die in Rimets Wohnort Paris gefertigte „Goldene Göttin“ war von der griechischen Siegesgöttin Nike inspiriert worden. Die Autorin verschweigt bei aller Sympathie für den WM-Gründer nicht, dass Rimet ein Opportunist sein konnte, wenn es der seiner WM-Idee diente. Und der Fifa-Präsident musste sich diplomatisch im Hintergrund halten, wenn Diktatoren die Bühne betraten. So geschehen als Benito Mussolini den italienischen Weltmeister 1934 seinen eigenen gigantischen „Coppa del Duce“ statt der zierlichen „Goldenen Göttin“ überreichte.

 

Jules Rimet und Fritz WalterBerner Wankdorfstadion 1954: Jules Rimet überreicht Fritz Walter den Pokal. Foto Pixathlon

 

Yves Rimet, der Enkel des WM-Gründers, war 1938 weltweit in den Sportzeitungen zu sehen. Als Zehnjähriger stand er in kurzen Hosen und Kniestrümpfen auf einem Tisch, um die Gruppen der WM in Frankreich auszulosen. Für ihr Buch hat sich Antje Luz mit Yves Rimet getroffen. Der 86-Jährige konstatiert: „Man hat den Fußball denaturiert, so wie ihn mein Großvater wünschte.“ Damit ist wohlgemerkt nicht der Amateursport gemeint, den deutsche Verbandsfunktionäre hierzulande noch bis zur Einführung der Bundesliga 1963 erbittert verteidigt hatten. Jules Rimet hatte im Profitum bereits 40 Jahre zuvor ein Mittel zu sozialem Aufstieg und für ein besseres Lebens gesehen. „Aber“, so Luz, „es ging nicht um Geld. Es ging um Würde.“

Die Autorin stellt die naheliegende Frage, wie der Fußball zu seinen Wurzeln zurückkehren kann, nicht Uli Hoeneß oder Oliver Bierhoff. Sie stellt sie dem Benediktinermönch David Steindle-Rast. Der 92-Jährige mag Lionel Messi. Er betet für ihn, damit sich die Nierensteine des Argentiniers auflösen mögen. Bruder David formuliert im Interview viele kluge Ideen, die Antje Luz zu zwölf Vorschlägen zusammenfasst. Der erste beschreibt den „mentalen Haltungswechsel“, um das Spiel wieder in den Mittelpunkt zu rücken. Dass etwas nicht mehr stimmt im Fußball, spüren die meisten in den Stadien oder vor dem Fernseher. Das Buch von Antje Luz erweitert in den zuvor beschriebenen Interviews den Horizont des Lesers. 

 

Antje Luz: "Das Geheimnis der Goldenen Göttin"Antje Luz: Das Geheimnis der Goldenen Göttin, ISBN: 3906929167, Wolfbach Verlag Zürich, 183 Seiten, 20 Euro

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