Thomas Hitzlsperger

Doku über homosexuelle Fussballer

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ITALIEN
Generaldirektor Giuseppe Marotta sagt Ciao
Der italienische Rekordmeister Juventus Turin baut um: Ende Oktober hört der Generaldirektor nach sieben Meistertiteln in acht Jahren auf. Er hatte den Verein nach vielen Skandalen wieder konsolidiert. Doch die Agnellis wollen nun endlich die Champions League gewinnen. Von Giovanni Deriu.

 

Juves Generaldirektor Giuseppe MarottaJuves Generaldirektor Giuseppe Marotta umarmt Gonzalo Higuain zum Abschied. Foto Pixathlon

 

Der Schlusspfiff war am Samstagabend nach dem 3:1-Sieg von Juventus Turin über den SSC Neapel im Juve-Stadium kaum verklungen, da sorgte der bisherige Generaldirektor und Geschäftsführer "Sport", Giuseppe Marotta für eine faustdicke Überraschung. Nicht nur in Italien, in halb Fußballeuropa meinte man ein Raunen vernehmen zu können. 

Der Sportdirektor, stets gediegen gekleidet und immer so leise und sachlich wie ein Buchhalter, ging vor den Mikrophonen der Radio- und Fernsehanstalten in die Offensive. Kurz und knapp, mit einer stoischen Mimik sprach Marotta: "Bevor Sie sich wundern, oder es von woanders erfahren, es ist mit unserem Presidente Andrea Agnelli alles abgesprochen: Ende Oktober geht meine erfolgreiche Zeit bei Juve zu Ende ..." Heißt: der Vertrag läuft aus.

Da verschlug es allen kurz die Sprache. Aber eben nur kurz. Fragen über Fragen, die der 61-jährige Topmanager parierte und abblockte, als wäre Marotta ein Torhüter Gigi Buffon und Verteidiger Chiellini in einer Person: "Nein, ich werde erst einmal auf Abstand gehen. Und auch nicht zum Italienischen Fußballverband wechseln." Darauf hatten nämlich die meisten spekuliert. Was war denn nun passiert?

Marotta, die ehemals rechte Hand von Juve-Eigner Andrea Agnelli, aus der Automobil-Dynastie, hat Juve geprägt wie kaum ein anderer Fußballmanager zuvor. Acht Jahre in der Autostadt, bei der Vecchia Signora, der alten Dame, wie Juve genannt wird, und sieben Meistertitel sowie vier Pokalsiege gewonnen. Als Teil des Klubs, und der Mannschaft. Nah dran war Marotta immer, bevor sich der Sportmanager stets auf seinen Stammplatz auf die Tribüne setzte. Neben Pavel Nedved, der anderen tschechisch-italienischen Spielerlegende, und, Vize-Direktor im Juve-Board.

Marottas größter Verdienst neben der atemberaubenden Titelserie, und auch heuer (nicht nur wegen Cristiano Ronaldo) sieht es fast wieder nach einem Alleingang aus, war, dass er Juve "unaufgeregt" konsolidierte. Marotta machte die schlimme Moggi-Giraudo-Calciopoli-Affäre (Schiedsrichter-Bestechungen und Spielmanipulationen, als der stolze Club gar in die zweite Spielklasse runter musste) quasi vergessen, und durchbrach durch gute Einkäufe die Hegemonie von Inter Mailand. Damals, 2011, holte Inter Mailand mit Trainer Josè Mourinho zuletzt den Champions-League-Cup nach Italien. Gegner waren übrigens die Bayern.

Immerhin war Juventus zwei Mal im Champions-League-Finale, doch der Henkelpott wanderte stets nach Spanien (Barcelona und Madrid). Zu wenig für das Juve-Imperium, mit einer Teilhabe des niederländischen Exor-Unternehmens, einer Art Holding. Im Besitz der Agnellis (CEO dort, John Elkann, und Präsident von Fiat-Chrysler sowie Ferrari, und ein Enkel der einst bekannten und längst verstorbeben Legende, des Lebemanns, Gianni Agnelli).

Aus Insiderkreisen heißt es auch, dass "Direttore" Marotta wohl nicht der größte Befürworter des, im Sommer für Aufsehen sorgenden, Cristiano Ronaldo-Deals gewesen sei. Diesen hatte nämlich Andrea Agnelli (43) am Ende, nach intensiver Vorbereitung von Fabio Paratici, einem weiteren Teammanager sowie Technischer Direktor, abgeschlossen. Der "Presidente" persönlich flog gar ins griechische Urlaubsdomizil von Ronaldo.

Agnelli sah und sieht immer das Business. Die fast schon "unhöflich" horrende Ablösesumme von 112 Mio Euro für Ronaldo (sowie dessen Jahresgehalt, von etwa 30 Millionen), sah das Management-Team des Rekordmeisters schnell wieder amortisiert. Der Transfer Ronaldos pushte bisher nicht nur die gesamte Serie A, sondern auch Juve, ungeschlagen bisher, aber vor allem die Juve-Aktie. Juventus sieht sich als Marke, Tradename, als einen "Global Player" (2012 ergab eine extra in Auftrag gegebene Studie, dass sich 200 Millionen Menschen weltweit als Fans zu den Bianconeri bekennen), aber weitere Märkte sollen noch effizienter "erobert" werden, so gab Agnelli die Order aus. Zukunftsweisend. "Neue Herausforderungen verlangen neue Protagonisten", das klang dann einigen doch zu - kühl ? Das Wirtschaftsunternehmen Juventus versteht sich nämlich auch als "Famiglia". Tradition als Markenkern trotz moderner Attitüde.

Das Management-Team mit Paratici und Nedved, würde komplett erneuert und jünger, um für kommende Herausforderungen, gegen Clubs wie Real, Barcelona, sowie PSG und ManCity, und den Bayern stets kompetitiv zu bleiben, sprach Agnelli und bedankte sich aufrichtig bei Marotta für dessen Erfolge und loyale Mitarbeit. 

Marotta selbst wolle sein Wissen und Talent bei einem anderen Topclub, nach einer Erholungs-Pause, einbringen. Irgendwo und bei einem Verein, bei dem das Alter und die Erfahrungen höher (ein-)geschätzt werden.

Giovanni Deriu ist RUND-Autor und Kenner des italienischen Fußballs.

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