TRAINER
Treffen der Experten
Carlo Ancelotti, Pep Guardiola und Arrigo Sacchi: Drei große Trainer des Weltfußballs haben im Fernsehen über Fußball geplaudert. Von Giovanni Deriu.

Pep GuardiolaNachdenken über Sassuolo: Pep Guardiola. Foto Pixathlon

 

"Ein Sieger, der auf hässliche oder unverdienter Weise gewinnt, wird nie als moralischer Sieger anerkannt..."
(Arrigo Sacchi, Initiator und Trainer der AC Milan-Ära in den 80ern)

"Calcionapoli-TV" präsentierte eine exzellente Sendung und Veranstaltung, wie man sie auch gern in Deutschland öfter sehen würde: Fachwissen auf hohem Niveau bei aller Gelassenheit.
Arrigo Sacchi, Carlo Ancelotti und Pep Guardiola gaben sich ein Stelldichein auf dem Podium (14/10/2018).

Alle drei Trainer gewannen immerhin insgesamt sieben Mal die Champions-League, fünf mal den Weltpokal für Clubmannschaften, und zahlreiche Meisterschaften unter anderem in anderen Ländern wie Deutschland und England (Pep wie Carletto).

Über Arrigo Sacchi lässt sich sagen, dass er in den 1980er-Jahren mit dem AC Milan eine neue Art des modernen Fußballs kreierte. Sacchi beeinflusste nicht nur seine Spieler, gerade Carlo Ancelotti, der fünf Jahre unter Sacchi spielte und auch drei Jahre dessen Trainer-Assistent war (Vize-Weltmeister 1994 mit dem Nationalteam), sondern auch Fußballeuropa. Ralf Rangnick, Helmut Groß und viele andere Trainer wurden Verfechter des Offensiv-Fußballs, mit einer aufgerückten Viererkette, und einem frühen Pressing, sprich, der Defensivspieler musste technisch perfekt ausgebildet sein, und sich vorne miteinbringen.

Hier ein paar Auszüge und Zitate zu bestimmte Stichpunkten:

Es gewinnt immer der im Fußball, der schön spielt?
Pep Guardiola "Leider nicht immer. Ich wünschte mir, es wäre so, aber im Fußball ist immer alles offen. Die Schüsse aufs Tor sagen oft nichts über den Spielausgang aus."

Carlo Ancelotti "Man versucht so viel statistisch zu erfassen, man versucht, das Spiel vorauszuplanen, und dennoch gewinnt nicht immer der, der am häufigsten aufs Tor schießt oder Bälle abgewehrt hat. Manchmal gewinnt auch das Team mit den wenigsten Torschüssen..."

Arrigo Sacchi "Ich möchte den Schriftsteller Dostojewski erinnern, der immer sagte, Schönheit, Ästhetik und Moral gehören zusammen. Soll heißen, ein Team, das unschön und ohne Moral gewinnt, wird nie als echter Sieger gesehen. Ich wollte nie unverdient gewinnen..."

Gibt es eine Bitterkeit, die Sie mit sich herumtragen, oder ein Spiel, das Sie nochmals gern spielen würden?
Pep Guardiola "Nein, gar nicht, wirklich überhaupt nicht. Ich wurde von kleinauf so geprägt, dass man im Fußball gewinnt und verliert, und dass man den Gegner immer akzeptieren und respektieren muss. Wenn er besser war, muss man es hinnehmen, und es das nächste Mal besser machen. Und überhaupt, es gibt mehr Niederlagen, als wichtige Titel, die man gewinnt. Also, keine Bitterkeit bei mir ..."

Carlo Ancelotti " (lässt seine Hand kreisen, und lacht) ... ja einige würde ich gern wiederholen, aber nein, im Ernst, man kann nicht alles vorausplanen, und jeder Spieltag ist anders. Im Großen und Ganzen bin ich zufrieden, wie es bisher lief..."

Welche Art von Fußball sehen wir heute?
Carlo Ancelotti "Ich denke, der Fußball hat sich seit den 80ern enorm und stetig weiter entwickelt, ob im defensiven oder offensiven Bereich. Der Fußball ist auch besser organisiert. Der Fußball hat sich entwickelt, und auch kleinere oder ehemals schwächere Teams rücken auf und haben ihre eigene Spielidentität."

Pep Guardiola "Ich sehe es wie Carlo, auch wenn es schwer ist den Fußball von heute allgemein zu analysieren. Jedes Land hat seine eigene Spielkultur, und eigene Teams. Aber ja, auch kleinere Teams zum Beispiel wie Sassuolo können es größeren Clubs schwer machen."

Arrigo Sacchi "Ohne Weiterentwicklung würde dieser Sport nicht so sein wie er ist. Drei bis 4 Mrd. Menschen folgen dem Fußball. Momentan befindet sich Italien nicht ganz oben mit dabei, weil es auch eine kulturelle Frage ist, wie sehr man sich der Zukunft und dem Fortschritt öffnet. Ein bisschen bewegt sich zwar wieder, aber der Fusball lebt von mutigen Trainern, die auch ein Risiko eingehen."

Trainer, die Sie in Ihrer Karriere beeinflusst haben?
Pep Guardiola kurz und bündig: "Ganz klar Johan Cruyff. Ohne Cruyff wäre ich nicht Trainer geworden. Als Spieler hat er uns die Augen geöffnet..."

Carlo Ancelotti "Bei mir als junger Spieler bei der Roma war es Nils Liedholm. Er hat uns junge Spieler immer aufgebaut und daran erinnert, die Position gut zu interpretieren, und locker zu bleiben. Der Fußball sei immer ein Spiel. Später dann hatte ich das große Vergnügen, unter Arrigo zu spielen, und auch als Co-Trainer zu assistieren. Es war eine ganz neue Art von revolutionärem Spiel und von der Trainingsmethodik..."

(Arrigo Sacchi, der nie als Profifußballer spielte, wurde einst von Milan-Boss Silvio Berlusconi eingestellt, weil Sacchi auch in untersten Klassen, einen schönen und effizienten Fußball spielen ließ, und gegen Milan im Pokal mit Parma gewann )

Arrigo Sacchi "Ich hatte viel Zeit den Fußball zu studieren und zu beobachten. Ich trainierte
quasi in allen unteren Ligen und Kategorien. Außerdem hat jeder eine Idee des Spiels bereits in sich. Egal ob im Tennis oder Fußball, mir gefielen stets die, die attackierten, offensiv waren. Mir haben immer Spektakel und Emotionen gefallen. 
 
Ganz klar haben mir die Spiele von Ajax, Holland und Brasilien gefallen. Ich wollte deren Spiel besser verstehen vor dem Bildschirm. Aber die letzten 50 Jahre der Entwicklung im Fußball wurden eindeutig von Ajax , Holland, Milan und dem Barcelona von Pep bestimmt."


Giovanni Deriu, RUND-Autor, analysiert Biografien und Spielsysteme.

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