Thomas Hitzlsperger

Doku über homosexuelle Fussballer

 „Die Hoffnung ist, dass Fans weiter sind als die Verantwortlichen denken“

Manfred Oldenburg ist Regisseur der sehenswerten Doku „Das letzte Tabu“. Er lässt neben Thomas Hitzlsperger diejenigen Profifußballer ihre ganz persönliche Geschichte erzählen, die sich als homosexuell geoutet haben. Interview Matthias Greulich

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GEHALTSPOKER
„Dietmar, ich muss kämpfen!"
Wie in der Bundesliga Verträge zustande kommen, bleibt meist geheim. Manchmal sickert aber schon durch, wer sich bei den Gesprächen besonders blöd verhalten hat. Dietmar Beiersdorfer erinnert sich in RUND, wie er einst um eine Gehaltserhöhung von 50 Mark mit Günter Netzer feilschte. Eine Sammlung von Broder-Jürgen Trede.



Beiersdorfer 1987
Poker mit Netzer: Dietmar Beiersdorfer 1987


„Ein Drittel? Nee, ich will mindestens ein Viertel.“ Horst Szymaniaks sympathische, aber mathematisch fragwürdige Strategie zur Gehaltsaufbesserung hat längst einen Stammplatz in jedem einigermaßen gut sortierten Fußball-Zitatenschatz.

Virtuos auch das Plädoyer, mit dem 1953 Rechtsanwalt Wentzien seinen Schützling Willi Schröder vorm DFB-Sportgericht rauspauken wollte: "Sie müssen doch wissen, dass Fußballspieler Gold in den Beinen und Stroh im Kopf haben." Schröder hatte statutenwidrig schon zwei Tage vor dem Stichtag für Neuverpflichtungen seine Unterschrift unter einen Kontrakt mit dem HSV gesetzt und dafür 15.000 DM kassiert. Der DFB statuierte am 25-Jährigen ein Exempel: ein Jahr Sperre für den Nationalspieler, der daraufhin 1954 kein „WM-Held von Bern" wurde, vier Punkte Abzug für den HSV. Werder Bremen nahm sich des Verstoßenen an und sicherte sich später seine Dienste, indem es dem heiß begehrten Mittelfeldspieler und seiner Verlobten kurz vor dem nächsten Vertragstermin einen Inselurlaub auf Wangerooge spendierte, wo kein anderer Klub seiner habhaft werden konnte.

Die Zeiten haben sich gewandelt. Fette Sonderzulagen und geldwerte Vorteile als Wechselargumente sind nicht erst seit Bosman an der Tagesordnung, Vertragsfristen und -laufzeiten längst kein Grund mehr, nicht auch öffentlich laut über „Veränderungen" nachzudenken. Vergleichsweise leise die Entrüstung, als unlängst der Däne Christian Poulsen bei seinem Abschied von Schalke ganz auf Nummer sicher ging und sowohl beim FC Villareal als auch bei Inter und AC Mailand Vierjahresverträge signierte, ehe er beim FC Sevilla anheuerte.

Die Akteure auf beiden Seiten des Verhandlungstisches passten sich stets Tempo und Stil der jeweiligen Zeit an. Schmunzelnd erinnert sich Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer wie er vor über 20 Jahren selbst beim HSV seinen ersten Profivertrag aushandelte: „Ich musste bei Günter Netzer antreten, dem Idol meiner Jugend. Mir schlotterten die Knie. Schließlich hab ich 50 Mark extra rausgeschlagen. Netzer hat zur Seite geguckt und mit ernster Miene gesagt: ’Dietmar, ich muss kämpfen!’ Innerlich hat er sich wahrscheinlich dabei totgelacht."

Die Anekdoten wirken anachronistisch. Die Spieler, so scheint es, haben das ganz große Lehrgeld bezahlt. Angesagt sind coole Pokerfaces. Notfalls bringen Heerscharen von Beratern diese Eigenschaften in die Verhandlungen ein. Früh übt sich. „Es kann doch nicht sein, dass hier ein Jugendspieler mit Anwalt aufläuft, um sich 15 garantierte Profieinsätze in den Vertrag schreiben zu lassen, nachdem er sich in der Schule abgemeldet und ein Cabrio zugelegt hat", ereiferte sich selbst ein gelassener Zeitgenosse wie Freiburgs Trainer Volker Finke.

Wurde nach erfolgten Abschlüssen von der nimmer enden wollenden "Liebe zum Verein" oder gar „zur ganzen Region" gefaselt, dass das Phrasenschwein nur so quiekte, und Kicker, deren Anzahl an Profijahren mit denen ihrer Vereinsstationen übereinstimmt, liebevoll als „Wandervögel" tituliert, hat jetzt eine neue Sachlichkeit Einzug gehalten. Es geht ums Geld, und das wird auch so gesagt. Mit gehöriger Chuzpe trat etwa Nigerias Defensivkraft Taribo West ihren Dienst in Kaiserslautern an und verkündete noch auf dem Flughafen, zwei Millionen Euro netto verdienen zu wollen. Der klamme Klub entsprach dem Wunsch und verbuchte das Gehalt mit Taschenspielertricks, für die sich später auch die Staatsanwaltschaft interessierte.

Keinen Hehl aus seinen Vorstellungen machte unlängst auch John Terry. Der Kapitän des FC Chelsea möchte sich bis 2016 an den Londoner Klub binden. Im Gegenzug verlangt er die Garantie, stets das höchste Gehalt aller Chelsea-Profis zu kassieren. Die aktuelle Forderung Terrys beliefe sich somit auf 87 Millionen Euro. Was bekam damals noch Willi Schröder? Das Gold ist gewandert. Es ist in den Köpfen angekommen.

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