ITALIEN
Robin Gosens: über Bocholt nach Bergamo
Ein talentierter Deutsch-Niederländer ist die Überraschung der Serie A. Robin Gosens überzeugt bei Atalanta Bergamo in seiner neuen Rolle als Linksverteidiger. Von Giovanni Deriu.

Robin GosensRobin Gosens (Atalanta Bergamo) ist vor Paulo Dybala (Juventus Turin) am Ball, rechts Marten de Roon. Foto Pixathlon

 

Der Jubel bei Atalanta war groß, als man im Stadion "Atleti Azzurri d'Italia" zu Bergamo das Spiel gegen die Fiorentina noch umbog. Mit 3:1 nach einem frühen Rückstand, wurden die "Viole" von Atalanta nach Hause geschickt. Der letzte Torschütze per Kopf, Robin Gosens. Robin, wer?

Nun, aus Bergamos Team ist Robin Gosens, der deutsch-niederländische linke Außenverteidiger nimmer wegzudenken. Gosens, seit anderthalb Jahren bei den "Bergamaschi" (gesprochen, ber-ga-mas-ki), den zweiten und kleineren "Schwarzblauen" nach Inter Mailand, hat sich bei Atalanta seinen Stammplatz erkämpft, oder besser, erspielt. 

Der 184 Zentimeter große Gosens wuchs am Rhein auf, und durchlief die Juniorenabteilungen seiner Ausbildungsvereine wie Fortuna Elten, später beim 1. FC Bocholt und bei den A-Junioren des VfL Rheden. Im Fernseh-Interview erzählt der sympathische und bodenständig wirkende Spieler selbst, wie seine Karriere begann. "Wir spielen beim FC Kleve", und als A-Jugendlicher auch schon weiter oben und ambitioniert, als ein Scout auf ihn aufmerksam wurde.

Gosens spielte damals noch im offensiven linken Mittelfeld. Beim Probetraining in Dortmund bei der Borussia fiel Gosens, "vielleicht war ich auch noch nicht reif und bereit dafür", durch. 
Gosens weiter, "Ich war eigentlich ein Jugendkicker, wie viele andere auch...", erzählt er. Sie seien abends weggegangen, "haben auch mal gefeiert, und bisschen Alkohol getrunken Samstagabends", aber nach vier Stunden Schlaf und "ein wenig Restalkohol", standen sie gemeinsam auf dem Platz, und "wollten kicken", so Gosens ganz freimütig und ehrlich.

Er fragt sich auch rückblickend, was für seine Karriere "förderlicher" gewesen wäre? "Gleich ins Internat, weg von meinen Freunden, immer nur mit dem Rythmus Schule-Fußball, Hausaufgaben und Training", oder eben so, wie es dann eben lief? Außerdem wusste er, Gosens, gar nicht, was sie von ihm beim BVB-Probetraining alles wollten. Viele Übungen waren ihm total fremd.

Eines Tages dann, ein Scout aus Holland von Vitesse Arnheim, die deutsch-holländische Grenze ist ja stets nah gewesen, suchte mit Gosens das Gespräch nach einer Partie. Wegen ihm, so der Scout, sei er eigentlich gar nicht zum Match gekommen. Aber er wurde auf Robin aufmerksam. Schnell, dribbelstark und spielerisch überzeugend, das machte wohl Eindruck.

Gosens wurde in den Niederlanden weiter ausgebildet, und das Land war ihm ja nicht fremd. Papa Gosens ist Niederländer. (Robin Gosens hat übrigens beide Pässe, und wäre noch für eines der beiden Nationalteams spielberechtigt).

Vorgesehen war der blonde Offensivspieler erst für Arnheims U23, also die Reserve. Gosens wurde zum Linksverteidiger umgeschult, und bekam sogleich einen Vertrag für Vitesses Erste Mannschaft, unter: Trainer Peter Bosz. Gosen war Profi.

Mit dem Umweg über eine Leihe beim FC Dordrecht in der holländischen zweiten Liga, um mehr Spielpraxis zu erhalten, was auch geschah, kam Gosens letztendlich zum Club Heracles Almelo in der "Eredivisie", Hollands erster Liga. Mit ihm erreichte der Linksverteidiger gar die Qualifikation zur Teilnahme am Europapokal. 

Die nächste Station nun also Atalanta Bergamo. Die lombardische Kleinstadt mit ihren schaffigen Bürgern, und eigenem kleinen Flughafen, ist für ihre gehobene aber bodenständige Lebensart bekannt.

Robin Gosens ist in Bergamo und im Club bestens angekommen und sehr beliebt. Italienisch parliert er fließend, sucht den Kontakt zu den Menschen, und studiert nebenbei Psychologie.

Der Club und das Team sind von je her für einen ehrlichen und authentischen Fußball bekannt. Offensiv ausgerichtet, von der Abwehr bis zum Sturm. Das kommt Robin Gosens bei Mister Gianpiero Gasperini entgegen. Siebter in der Serie A momentan, aber in der Coppa Italia sorgte Bergamo für die Überraschung indem man Juve mit Ronaldo eliminierte. 

Nun ist Atalanta im Halbfinale. Das Hinspiel endete 3:3 und im April folgt das Rückspiel im italienischen Pokal. Der Gegner, die übliche Verdächtige, wieder einmal: die Fiorentina.


Giovanni Deriu, RUND Autor, Kenner und Beobachter der italienischen Serie A.


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