BUCH
„Wenn ich du wäre, wäre ich lieber ich“
Über Magath, die Bundeswehrnationalmannschaft und komische Schiedsrichter: Einige schöne Sprüche des „Weißen Brasilianers“ dürfen in Ansgar Brinkmanns aktuellem Buch nicht fehlen. Von Giovanni Deriu

 Ansgar Brinkmann „Wenn ich Du wäre, wäre ich lieber ich!“

Ansgar Brinkmann „Wenn ich Du wäre, wäre ich lieber ich!“
 
Wer kennt Ansgar Brinkmann noch? Jedenfalls hat es Brinkmann als Nichtnationalspieler (ach, halt, ein skurriles Spiel in der Bundeswehrnationalelf hat er tatsächlich absolviert, das dann aber auch in einem Eklat endete) zu einer doch recht großen Bekanntheit gebracht. „Der weiße Brasilianer“ wurde er genannt, weil er Gegenspielern Knoten in die Beine dribbelte.
 
Der Reporter und Autor, nun auch Freund Brinkmanns, Peter Schultz, brachte den ehemaligen Profifußballer, der für über 12 Vereine spielte, zum WDR ins Programm von 1 Live, und zwar für eine samstägliche aufgesprochene Kolumne, die bei den Hörern gut ankam. Ansgars beste Sprüche daraus wurden auch als Buch im Verlag, Die Werkstatt, veröffentlicht.
 
Das vorliegende Buch gibt auf über 185 Seiten Einblicke in die Karriere, des einstigen Enfant terrible und in einen Profifußball, den es so nicht mehr gibt. Alles locker flockig, wie Brinkmann der Schnabel gewachsen ist, über den Äther gejagt, und anschließend aufgeschrieben.
 
Man kann sagen, dass Brinkmann viel erlebt hat und viel zu erzählen weiß. Sehr kurzweilig, oft auch lustig, an manchen Stellen auch etwas nachdenklich, und nie absichtlich verletzend – er beschreibt einfach, so, wie sich die Dinge wohl zugetragen haben. Jede Kolumne, oder jedes Thema nicht über anderthalb bis zwei Seiten.
 
Dass Felix Magath als echter "Psycho" rüber kommt? So what? Magath konnte Spieler echt treffen, die zuvor versagt oder etwas angestellt hatten. Anbrüllen? Nein, eher ein Anschweigen, vor Allen - der Übeltäter in der Mitte, und über zwölf Minuten starrte Magath den Spieler an, der wiederum dachte, geht's gleich los? Nein, Magath ging dann ohne etwas zu sagen.
 
Fast schon fies, wenn Ansgar, der weiße Brasilianer meint, mit den Bayern, Magath holte zwei Mal das Double, könnten auch der Busfahrer oder Zeugwart Meister werden.
 
Brinkmann war oft frech und direkt, gibt aber auch zu, wie er überrascht war, wenn ihm die Schiedsrichter Contra gaben.
 
Ansgar, der mit Jürgen "Kloppo", gemeinsam in Mainz gespielt hatte, erzählt von einem Match als der Referee neun von zehn Mal absolut falsch lag, und Brinkmann und Kloppo Schiri Manfred Führer permanent beschimpften. Irgendwann, so steht es im Buch, bekamen die Mainzer einen Freistoß, und als sich Ansgar den Ball hinlegte, kam Führer auf ihn zu, und meinte: „Ansgar, du, mal ganz ehrlich... so schlecht wie du heute spielst - besser wäre es, ich schieße den Freistoß.“ Da war dann auch Brinkmann total perplex.
 
Mit der Eintracht hat Brinkmann mal gegen die Bayern gewonnen, mit Arminia Bielefeld in München 2:6 verloren. Ein Reporter fragte danach, wie schlimm das für ihn denn wäre?
 
Ansgar Brinkmann meinte nur, gar nicht schlimm, wir haben die Bayern schön „verarscht“, denn die Bayern hätten wirklich geglaubt, die könnten uns zehn Stück geben. Gegen die Bayern könne und dürfe man verlieren, alles eine Frage der Sichtweise. Er habe immerhin einmal gegen die Bayern gewonnen, das passiere nicht vielen Profis in deren langjähriger Karriere.
 
Brinkmann beackert einige Themen, und ich will nicht alle Storys und Anekdoten vorweg nehmen, aber auf eine mache ich aufmerksam, denn was wäre aus Philipp Lahm wohl geworden, hätte ihn Arminia Bielefeld nicht tatsächlich weggeschickt, und es zeigt, nach welchen Kriterien Trainer oft entscheiden. Lahm musste gehen, obwohl Brinkmann nach dem Probetraining zum Trainer meinte, dass kein anderer ihm den Ball so oft abgenommen habe. Das war dem damaligen Trainer Benno Möhlmann wohl egal, denn Lahm hätte weder ein Offensiv- noch Defensiv-Kopfballspiel gezeigt.
 
Lahms Verhalten gegenüber Ballack später in der Nationalelf jedoch, findet Ansgar Brinkmann nicht so toll.
 
Ansgar Brinkmann bekam viele Abmahnungen in seiner Karriere, die wirklich sehr bewegt gewesen ist. Und er definitiv auch.
 
Das Buch ist zwar leichte Kost, aber ein Muss für alle Fans, vor allem meiner Generation, um sich an alte Zeiten zu erinnern. Und für die Jüngeren, um zu merken, wie sehr sich der Profisport und das Umfeld verändert haben.
 
Giovanni Deriu, RUND Autor, beschreibt und analysiert Biografien.


Zurück  |