SKURRILE FUSSBALLSPRACHE
Spielen wie am Schnürchen
Wenn ein tschechischer Kicker mit der Bundesliga in Verbindung gebracht wird, muss das nicht für überragende fußballerische Fähigkeiten stehen - er hat dann eine eigenwillige Frisur. In Spanien will man im Pokalwettbewerb nicht mit der Hässlichsten tanzen, auch anderswo gibt es unglaubliche Fußballfachausdrücke. RUND hat die besten zusammengestellt.


Tiki Taka
Spielen wie am Schnürchen:
Tiqui Taca Illustration: Sonja Kördel

 

 

Die Fernsehzuschauer in Spanien konnten die Geburtsstunde eines neuen Fußballbegriffs erleben. "Sie spielen Tiqui-Taca", begeisterte sich ein Fernsehkommentator während der WM für das Spiel der Argentinier, die sich den Ball mit nur je einem Kontakt hin- und herpassten.

Woher kommt der Ausdruck? Es hat nichts mit einem peruanischen See zu tun, sondern mit einem Spiel, bei dem man zwei an Schnüren befestigte Kugeln gegeneinander prallen lässt. Ob sich der Begriff durchsetzt, wird sich zeigen. Immerhin: Tiqui-Taca klingt schön, man hört das Klacken der Kugeln, und eine gewisse Logik steckt schließlich auch dahinter.

Zu Recht vergessen ist dagegen die Bezeichnung "Rambazamba spielen", die von den Poeten der "Bild"-Zeitung für das inspirierte Spiel der deutschen Nationalelf zu Beginn der siebziger Jahre geprägt wurde, weil sie kein Bild entstehen lässt und heute nach einem spießigen Samba klingt.

Jede Sprache hat ihre eigenen Fußballausdrücke geprägt. Manche liegen auf der Hand und sind in vielen Sprachen durchaus ähnlich, andere sind einmalig - und gerade deshalb besonders originell. Wie ein trockenes Blatt vom Baum fällt der Ball ins Tor, ohne dass der Keeper eingreifen könnte. "Folha seca" (trockenes Blatt) nennen die Brasilianer das, was im Deutschen prosaisch "Senker" genannt wird. In Brasilien wird der geniale Didi als Urheber dieses Kunstschusses gefeiert.

Biblisch geht es in Dänemark zu: "Moses" ist dort die Bezeichnung für einen Spieler, der zwischen zwei Verteidigern hindurch in den Strafraum dribbelt. Die tschechischen Fußballfans sprechen gerne von "Bundesliga" und meinen damit die einst klassische Kickerfrisur "Vokuhila" (Vorne kurz, hinten lang). Auf Swahili bedeutet "Kuvalisha kanzu" wörtlich übersetzt, eine lange Priesterrobe zu tragen. Gemeint ist damit der Trick, den Ball über den Gegner zu lupfen und danach wieder aufzunehmen.

In Frankreich hat man es "feuille morte" (totes Blatt) getauft, wenn Mittelfeldikone Michel Platini einen Freistoß über den gegnerischen Torwart versenkte. Besonders kreativ sind die spanischen Fans, wenn es um bildhafte Ausdrücke geht. Ein torloses Remis gilt wegen der doppelten Null als "partido con gafas" (Spiel mit Brille). Wenn ein Team sich mit elf Spielern hinten reinstellt, also Beton anrührt, steigt es in Spanien in den Bus, der vor dem Tor geparkt wird: "poner un autobus" (einen Bus hinstellen).

Klingt doch nicht so abgenutzt wie der Schweizer Riegel oder der italienische Catenaccio. Je mehr man darüber nachdenkt, desto seltsamer erscheinen einige Ausdrücke, an die wir uns hier zu Lande gewöhnt haben. Der Fliegenfänger, die Arschkarte und die Gurkentruppe sorgten in der wörtlichen Übersetzung bei ausländischen Kollegen für Erheiterung, weil sich jeder Fußballinteressierte etwas darunter vorstellen kann.
Matthias Greulich


WÖRTERBUCH

UNGARISCH:

Lepke (Schmetterling) - Torwartfehler

SPANISCH:

Ir a por uvas (zu den Trauben gehen) - verunglückter Abstoß des Keepers
Bailar con la mas fea (mit der Hässlichsten tanzen) - wenn man bei einer Auslosung die stärkste Mannschaft als Gegner zugelost bekommt
Cocer un gol (ein Tor kochen) - ein Tor mit Überlegung herausspielen
Clavar el aliento en la nuca (den Atem auf den Nacken nageln) - Manndeckung

FRANZÖSISCH:

Mayonnaise (Majonäse) - Bezeichnung für einen Spieler, der zuviel dribbelt
Marquer à la culotte (die Unterhose decken) - enge Manndeckung
Décrocher la toile d'araignée (das Spinnennetz herunterholen) - ins Tor treffen
Avaler la feuille de match (das Blatt des Spiels verschlucken) - das Spiel aus der Hand geben
Le grand pont (große Brücke) - den Ball auf der einen Seite vorbeilegen und auf der anderen Seite herumlaufen, um ihn zu wieder aufzunehmen

ITALIENISCH:

Corea (Korea) - seitdem Italien bei der WM 1966 an Nordkorea scheiterte, gilt Korea als Synonym für eine katastrophale Niederlage
Zona Cesarini (Cesarini-Zone, benannt nach Renato Cesarini, der 1931 ein sehr spätes Siegtor gegen Ungarn schoss) - Nachspielzeit

TSCHECHISCH:

Bundesliga (Bundesliga) - Vokuhila-Frisur

DÄNISCH:

Moses (Moses, wie er im Alten Testament das Rote Meer teilt) - zwischen zwei Verteidigern hindurch in den Strafraum dribbeln

PORTUGIESISCH:

Drible da vaca (Kuh-Dribbling) - den Ball auf der einen Seite vorbeilegen und auf der anderen Seite herumlaufen, um ihn zu wiederaufzunehmen
Embaixadinhas (kleine Botschaften, vermutlich von baixar, fallen lassen) - den Ball hoch halten

SWAHILI:

Kuvalisha kanzu (eine lange Priesterrobe tragen) - den Ball über den Gegner lupfen und auf der anderen Seite wieder aufnehmen


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