START-UP
Mischung aus Facebook und Xing
„Poacher“ bietet eine Spielerbörse für Amateure, der Titel hat viel mit Gerd Müller zu tun. Von Volker Stahl
 
 
Die vier Gründer von von „Poacher“ (v. l.): Marcel Andrijanic, Yannik Jaeschke, Oliver Ioannou und Noel Below.Die vier Gründer von von „Poacher“ (v. l.): Marcel Andrijanic, Yannik Jaeschke, Oliver Ioannou und Noel Below. Foto: Poacher
 
 
Ein Hamburger will den Amateursport revolutionieren. Unter dem Motto „Von Fußballern für Fußballer“ hat Marcel Andrijanic (28) mit drei Mitgründern das Start-up „Poacher“ aus der Taufe gehoben. Ziel des Internetportals ist es, Spielern aus unteren Klassen ein Forum für die Vereinssuche zu bieten.
 
„Poacher“ bedeutet im Englischen „Wilddieb“, aber in der Fußballersprache sind damit „Abstauber“ gemeint – wie einst Torjäger Gerd Müller. Also einer, der immer richtig steht. Richtig gute Chancen, einen passenden Verein zu finden, hätten Kicker, die sich auf der Website poacher-sports.de registrieren lassen und dafür monatlich 3,95 Euro bezahlen, meint Andrijanic, der seine Fußballstiefel seit 2017 für den Regionalligaclub SV Drochtersen/Assel schnürt: „Wir wollen den Amateurfußball digitalisieren. Poacher ist eine Onlineplattform, die den Direktkontakt zwischen Spielern und Vereinen ermöglicht.“ Ehrgeizige Spieler könnten sich so für kleine Münze – die Premium-Version kostet 6,95 Euro – bundesweit präsentieren, zum Beispiel selbstgedrehte Videos oder Fotos hochladen, Leistungsdaten einstellen und Stärken auflisten.
 
„Es ist eine Mischung aus Xing und Facebook“, bringt Andrijanic das Angebot auf den Punkt. Auch die Amateurvereine profitierten von dem neuen Portal, schwärmt der zweifache Familienvater: „Sie können so virtuelles Scouting betreiben. Unsere Zielgruppe sind ehrenamtlich Tätige, die keine Zeit dafür haben, in unteren Ligen auf Spielersuche zu gehen. Sie können bei uns den lange gesuchten Wunschspieler abstauben.“
 
Andrijanic kassiert derzeit beim seinem Verein coronabedingt Kurzarbeitergeld und kann sich deshalb voll auf seine berufliche Zukunft konzentrieren. Täglich von 8 bis 20 Uhr arbeite er momentan am Projekt und habe keine freie Minute, erzählt der gelernte Industriekaufmann auf dem Sportplatz am Eidelstedter Steinwiesenweg, wo er früher in der Schulmannschaft seines Gymnasiums gekickt hat.
 
Das Talent des Sohns bosnischer Bürgerkriegsflüchtlinge, das am Hörgensweg aufgewachsen ist, blieb seinen Trainern nicht lange verborgen. Von seinem ersten Verein Germania Schnelsen wechselte er kurz zum HSV, dann folgten zehn Jahre beim FC St. Pauli, für den er am 13. April 2013 sogar drei Minuten in der 2. Bundesliga auf dem Platz stand, als er beim 3:1-Sieg gegen 1860 München in der 90. Minute für Lennart Thy eingewechselt wurde. Anschließend ging es über die Stationen Hessen Kassel, SV Rödingshausen und TuS Erndtebrück nach Kehdingen.
 
 
Marcel Andrijanic
Gründer mit Ballgefühl: Marcel Andrijanic. Foto Stahlpress Medienbüro
 
Seit Ende vergangenen Jahres ist das Portal online. Langsam laufen die Registrierungen an, doch leider fehle durch den Saisonabbruch in vielen unteren Ligen die Mundpropaganda, um das Angebot breiter zu streuen, bedauert der Gründer. Doch weil er und seine Mitstreiter Yannik Jaeschke, Noél Below und Vereinskamerad Oliver Ioannou seit Jahren gut in der Fußballszene vernetzt sind, sei ihm nicht bange, dass das in langen Nächten ausgekügelte Konzept irgendwann greife, betont Andrijanic: „Wir haben einen Business- und Finanzplan aufgestellt, Investoren gefunden und befinden uns gerade in der zweiten Finanzierungsphase. Jetzt geht es darum, das Projekt deutschlandweit bekannt zu machen.“
 

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