TISCHFUSSBALL
Schnippeln ins Glück
Subbuteo war bis in die 1980er-Jahre vor allem in England sehr populär. Fabian Brändle erinnert sich an das Spiel mit den Stehaufmännchen

 

Subbuteo FigurenSchwergewichtsspieler auf farbigen Sockeln: Subbuteofiguren aus den späten 1970er-Jahren. Foto hor Laurent van Roy/Wikimedia

 

Alle Welt kennt den „Kicker“, wie er südlich der Mainlinie genannt wird (oder auf schweizerisch den „Töggelikasten“). Viele kennen „Tipp-Kick“, jenes Fussballspiel zwischen zwei metallenen Figuren in Rot-Weiss (Bayern) und Schwarz-Gelb (BVB), die so rührend melancholisch in die Welt blicken. Nur wenige indessen kennen „Subbuteo“, das beste Spiel der Welt, wie so vieles eine englische Erfindung aus der Zwischenkriegszeit (1918 – 1939), ursprünglich kreiert im Jahre 1925 von William Lane Keeling unter dem Namen „NewFooty“ und weiterentwickelt vom eigenwilligen Spielerfinder Peter Adelphi, der die Rechte im Jahre 1967 an Waddingtons, den grössten Spilehersteller der Vereinigten Königreichs, verkaufte. Der amerikanische Spielwarenprodzuzent Hasbro übernahm im Jahre 1995 Waddigtons, führte jedoch Subbuteo nach einer Anlaufzeit weiter im Sortiment.[1] Der phantasiebegabte Peter Adelphi kreierte nicht nur das moderne „Subbuteo“, sondern auch „Subbuteo Rugby“, „Subbuteo Cricket“ oder sogar „Subbuteo Speedway“.

Die elf relativ kleinen Spielfiguren je Mannschaft stehen Stehaufmännchen gleich auf einem Sockel, den man mit dem Zeigefinger anschnippen soll. Zuerst der Angreifer, dann jeweils der Verteidiger (Verteidigungszug), der weder Ball noch einen gegnerischen Spieler berühren darf (Foul). Maximal dreimal hintereinander darf derselbe Spieler den Ball nach vorne treiben, dann muss er passen oder schiessen. Diese sinnvolle Regelung verhindert endlose Dribbelei und fördert gepflegtes, ansehnliches Pass- und Kombinationsspiel. Geschossen werden darf nur innerhalb eines genau definierten Schusskreises, diese Regel verhindert ein reines Weitschussspiel. Der Sockel erlaubt Schneiden und „Schnippeln“ wie beim Tischtennis. Gute Spielerinnen und Spieler wie der ehemalige vielfache Schweizer Weltmeister Willy Hoffmann oder sein Landsman Paul Remund hauen aus ca. 40 Zentimeter fast jeden Ball in den Winkel. Das kann und muss man freilich üben, wenn man ein Champion werden will, ist aber auch Talentsache. Auf das Fingerspitzengefühl kommt es jedenfalls ebenso an, ganz so wie beim Billard.

In England war Subbuteo von den 1950er- bis in die 1980er-Jahre hinein sehr populär, denn fast jeder Haushalt besass ein Grundset mit „Rasen“, zwei Toren, zwei Torhütern (nicht so toll gemacht wie beim „Tipp-Kick“), 22 Spielern, Eckballflaggen und verhältnismässig grossen, orangenen Bällen. Sehr schön gemacht waren die diversen Accesoires, beispielsweise die Tribünen, die vier Flutlichtmasten, Pokale, Trainerbänke samt Personal. Seine Lieblingsmannschaft konnte man im Fachgeschäft bestellen. So wurden handbemalte Spieler aus aller Welt angeliefert. Die malenden Arbeiterinnen freilich verdienten nicht so viel. Heutzutage sind schöne alte Ausgaben von West Bromwich Albion oder von West Ham United rare und entsprechend teure Sammlerstücke. Bei Sammlerinnen und Sammlern besonders beliebt sind übrigens die kleinen Figuren des FC Zürich (FCZ). Nicht, weil der FCZ damals international besonders erfolgreich war, sondern weil sie ganz in Weiss gehalten waren. Das ermöglicht sowohl Selbstbemalen als auch ruchlose Fälschungen alter Teams.

Ich selbst bekam etwa mit neun Jahren ein Subbuteo-Set auf Weihnachten geschenkt. Ich kaufte diverse Mannschaften dazu, war bald ein begeisterte, nicht gänzlich talentfreier Spieler. Leider teilten meine Kameraden im kleinen Ostschweizer Dorf meine neue Leidenschaft kaum, am Ehesten noch die Gimmi-Brüder Rolf und Urs. So sah ich mich gezwungen, oft alleine zu spielen, ich gegen mich. Ich spielte alte Weltmeisterschaften und Europameisterschaften nach, wobei die Schweizer „Nati“ stets qualifiziert war und besonders erfolgreich abschnitt. Im Jahre 1954 wurden natürlich die Ungarn, nicht die Deutschen Weltmeister im legendären „Wankdorf“ zu Bern. Rahn hat zwar auch aus dem Hintergrund geschossen, das Tor aber deutlich verfehlt (man kann auch daneben zielen).



[1]   Vgl. zu Geschichte und Gegenwart von „Subbuteo“ Tatarsky, Daniel. A Flick to Kick. An Illustrated History of Subbuteo. London 2004.

 

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