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„Ich habe nie eine Kanone bekommen“
Lothar Kobluhn hatte sich in RUND beklagt, dass er nie die Torjägerkanone als bester Torschütze 1971 erhalten habe. Das sollte sich jetzt ändern, der 2019 verstorbene Oberhausener bekam die Trophäe, die ihm vom "Kicker Sportmagazin" als Beteiligter am Bundesligaskandal 36 Jahre lang vorenthalten worden war. Lesen Sie das Interview, das die überraschende Wende einleitete

 

Torjägerkanone
Ihr Materialwert beträgt rund 340 Euro: Die Kanone wurde
bei einem fränkischen Jagdausrüster gefertigt, ihr Rohr ist sieben Zentimeter lang Foto Benne Ochs

 

 

RUND: Herr Kobluhn, Sie sind 1971 Torschützenkönig der Fußball-Bundesliga geworden. Was war das für ein Gefühl, als Sie die begehrte Torjägerkanone bekommen haben?
Lothar Kobluhn: Ich habe nie eine Kanone bekommen.

RUND: Warum denn nicht?
Lothar Kobluhn: Ich denke wegen des großen Fußball-Bundesliga-Skandals 1971. Da war von Schiebung die Rede und angeblich sollen Spieler von Rot-Weiß Oberhausen darin verstrickt gewesen sein. Verurteilt wurde nie einer und ich hatte schon gar nichts damit zu tun. Seitdem möchte ich mit dem „Kicker Sportmagazin“, das die Torjägerkanone verleiht, nichts mehr zu tun haben.

RUND: Hat denn niemand nachgefragt, warum die Trophäe in diesem Jahr nicht verliehen wurde?
Lothar Kobluhn: Nein, darüber ist nie gesprochen worden. Hätte ich beim FC Bayern München und nicht in Oberhausen gespielt, hätten sich alle aufgeregt.

RUND: Sie sind also nie als Torschützenkönig geehrt worden?
Lothar Kobluhn: Die einzige Auszeichnung habe ich von der Berliner Zeitung bekommen. Die hat dem Torschützenkönig jedes Jahr 3000 Mark und dem besten Berliner Torschützen 1000 Mark gezahlt. Ausgerechnet 1971 hat die BZ die Sache umgedreht, so dass ich nur 1000 DM und der beste Berliner Torschütze 3000 DM bekommen hat.

RUND: Das ist damals nicht optimal für Sie gelaufen. Hat sich wenigstens Bundestrainer Helmut Schön gemeldet, nachdem Sie als Mittelfeldspieler 24 Tore geschossen hatten?
Lothar Kobluhn: 24 Tore von einem Mittelfeldspieler waren eine Marke, die erst Marek Mintal 2005 wieder erreichte. Aber mit Helmut Schön hatte ich nie zu tun. Im Urlaub habe ich mal in der Zeitung gelesen, dass der Bundestrainer mal über mich nachdenken sollte. Sonst war das nie ein Thema. Eine gewisse Teilschuld hatte ich sicherlich auch daran, da ich nie aus Oberhausen herausgekommen bin. Ich hatte zwar Angebote aus dem Ausland, war aber immer froh, dass ich bei RWO bleiben durfte. Ich bin eben ein bodenständiger Oberhausener.

RUND: Wie würden Sie reagieren, wenn sich der „Kicker“ doch noch mal an Sie wenden würde?
Lothar Kobluhn: Ich möchte kein Geld, sondern nur das, was mir zusteht. Entweder entschuldigt man sich bei mir oder man gibt mir nachträglich die Kanone. Ich bin mit „Kicker“-Chefredakteur Rainer Holzschuh sogar per Du, er war früher öfter mal in Oberhausen.

RUND: Einer Versöhnung steht von Ihrer Seite aus also nichts im Wege?
Lothar Kobluhn: Nein, im Grunde genommen nicht.

Interview Stefan Hossenfelder

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