PORTRÄT
„Ich bin eine nette Nervensäge“
Er war Profi beim FC Bayern und ist nun dessen Interimstrainer. Lesen Sie in Teil 2 des Porträts, warum Willy Sagnol immer ein Unzufriedener bleiben wird.

 

Willy Sagnol und Arjen Robben
"Auf einem anderen Planeten": Willy Sagnol Willy Sagnol und Arjen Robben sind oder waren Profis in München Foto Pixathlon

 

 

Als Willy Sagnol bei Bayern München unterschrieb, sollte nichts mehr sein wie zuvor. Angefangen mit seinem Ansehen. „Nach meiner Ankunft in Bayern hatte ich endlich das Gefühl, zu einem großen Verein zu gehören, auf einem anderen Planeten zu sein.“ Nur wenige Monate nach seiner Ankunft in München wird er in die französische Nationalmannschaft aufgenommen, und gewinnt hintereinanderweg die Meisterschaft, den DFB-Pokal und die Champions League. Er schwimmt in einem unfassbaren Glück. Seine Frau Laetitia, die er in Saint-Etienne kennen gelernt hat, bringt Chiara zur Welt. Was sein Privatleben angeht, hält sich Sagnol strikt an das gewerkschaftliche Minimum. Als er in diesem Sommer „Paris Match“ ein Interview gibt, spricht er im Wesentlichen vom Spiel und ein wenig von Zidane, seinem dicken Kumpel seit der Rückkehr der Ikone zur Nationalmannschaft.

Wenn man ihn danach fragt, was ihm an der deutschen Kultur gefällt, gerät er ins Aus. Er spricht davon, „keine Zeit zu haben. Das gilt auch für Reisen durch das Land, das werde ich nach dem Ende meiner Karriere machen.“ Dafür verbringt der vielsprachige Sagnol (er spricht Deutsch, Englisch und Spanisch) zahllose Abende zwischen dem vornehmen Wohnort Grünwald und dem Marienplatz (wo er wohnte) mit den Ausländern des Vereins, insbesondere mit den Südamerikanern.

Ganz nach deutscher Art sagt Willy Sagnol stets unumwunden, was er denkt. „Ich bin kein ewig Unzufriedener, vielmehr eine nette Nervensäge.“ Philippe Cuervo, der ihn seit seinen Anfängen kennt, sagt nichts anderes: „Er hat immer schon gesagt, was er zu sagen hatte. Das muss man sich allerdings erlauben können und dann gut sein. Und das war er immer.“ Die Bayern-Manager, allesamt ehemals große Spieler, haben ihm für die Zeit nach dem Ende seiner aktiven Karriere einen Platz im Trockenen im Organigramm des Vereins versprochen. Bei der Weltmeisterschaft hat ihn das Halbfinale in der neuen Bayern-Arena vor Glück aufgewühlt. „Das war der stärkste Moment. Am Ende gab es so etwas wie ein Überschäumen der Gefühle: die Qualifikation fürs Endspiel, bei mir, in meinem Stadion.“

Am Kreuzweg der Generationen, allen Cliquen innerhalb der Gruppe nahe, setzte sich Sagnol bei der WM als eine der wichtigsten Personen der Nationalmannschaft durch. „Seine Erziehung hat ihn gelehrt, immer mehr zu wollen, dabei aber bescheiden zu bleiben“, erinnert sich sein erster Trainer Elie Baup. Charakteristika, die denen von Zidane ähneln.
Rico Rizzitelli


 

Lesen Sie Teil 1 des Porträts: Die Tackling-Gesellschaft

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