JENS MARTIN KNUDSEN
„Die berühmteste Skimütze der Welt“
Seine weiße Bommelmütze machte ihn weltbekannt. Er stand im Tor, als die Färöer Inseln Österreich sensationell besiegten. Mit 40 Jahren hat Jens Martin Knudsen seine Karriere beendet. In Teil 1 des Gesprächs erzählt der Keeper, warum er die Mütze an den Nagel gehängt hat. Interview Matthias Greulich.



Jens Martin Knudsen
Mit 40 voller Energie: Jens Martin Knudsen
hört trotzdem auf Foto NS√å Runavik

 

 

RUND: Herr Knudsen, stören wir Sie gerade?
Jens Martin Knudsen: Nein, überhaupt nicht. Sie können jederzeit anrufen.

RUND: Wo sind Sie im Moment?
Jens Martin Knudsen: Am Schreibtisch, ich arbeite im Management einer Fischfabrik. Wir verarbeiten Kabeljau aus Alaska. Er wird gesalzen und anschließend verkaufen wir ihn etwa nach Spanien und Italien. Das mache ich, seitdem ich meine Karriere vor einigen Wochen beendet habe. Damit kenne ich mich aus, bevor ich Profi wurde, hatte ich auch in einer Fischfabrik gearbeitet.

RUND: Haben Sie sich seitdem zum Spaß mal wieder ins Tor gestellt?
Jens Martin Knudsen: Selten, im Winter spiele ich ab und zu Handball. Das habe ich bis zum Ende der 80-er intensiv gemacht, bis 1988 auch in der Nationalmannschaft. Als die Färöer Inseln dann in die Uefa aufgenommen wurden, musste ich mich zwischen Handball und Fußball entscheiden. Und ich entschied mich für Fußball.

RUND: Hat Ihnen die Erfahrung als Handballer bei Ihrer Fußballkarriere geholfen?

Jens Martin Knudsen: Ganz sicher. Aber ich war von 1983 bis 85 auch Meister der Färöer im Turnen. Dadurch war ich immer sehr beweglich und fit. Mit 40 bin ich immer noch sportlich. Ich hätte weiterspielen können. Aber es ist besser ein gut laufendes Auto in der Garage zu parken, wo es poliert werden kann, anstatt solange zu fahren, bis es nicht mehr geht.

RUND: Jetzt untertreiben Sie aber. Sie wurden zum besten Torwart der Saison gewählt. Ihr Heimatklub NS√å Runavik gewann zum ersten Mal den färöischen Meistertitel.
Jens Martin Knudsen: Für mich wurde ein Traum wahr. Wir hatten so viele Jahre lang versucht, Meister zu werden und es nie geschafft. Das war sehr gut und etwas ganz besonderes für mich. Es war gut, so aufzuhören.

RUND: Ihre Mitspieler, die Sie zum Abschied auf den Schultern trugen, sahen wirklich sehr jung aus.
Jens Martin Knudsen: Ende der 80-iger hatten wir eine Wirtschaftskrise. In den Jahren 1988 bis 92 wurden sehr viele Kinder geboren. Als 2001 zurück kam dachte ich, dass wir vielleicht alles versuchen sollten, diese Jahrgänge zu entwickeln. Denn es muss mehr Talente geben, wenn es mehr Kinder gibt. Wir haben alles gemacht. Ich war der Jugendtrainer in meinem Klub, im letzten Jahr haben wir nicht einen Punkt abgegeben. Sieben von ihnen sind in die erste Mannschaft gekommen. Vier von ihnen sind Nationalspieler in der A-Mannschaft.



Knudsen wird gefeiert
Jaaaa! NSÍ Runavik wird zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte
Meister der Färöer Inseln: Seine Mitspieler tragen Jens Martin Knudsen auf Händen Fozo NS√å Runavik



RUND: Wie spielt es sich als Torwart der färöischen Nationalelf, es wird einem sicher nicht kalt auf der Torlinie?
Jens Martin Knudsen: Weil wir bei Länderspielen so unter Druck stehen, muss man sehr offensiv sein. Warum soll man hinten bleiben und zusehen, wie der Gegner drei, vier Tore gegen uns schießt? Unser Stil ist offensiv, es macht sehr viel Spaß so zu spielen. Es ist ein Spiel mit hohem Risiko, wo natürlich auch Fehler passieren können.

RUND: In der WM-Qualifikation spielen die Färinger wieder gegen Österreich. Droht die nächste Überraschung?
Jens Martin Knudsen: Wir haben eine größere Chance als beim letzten Mal.

RUND: Also gewinnen Ihre Nachfolger mindestens 2:0?
Jens Martin Knudsen: (lacht) Das weiß ich nicht, aber wir sind jetzt viel stärker, besonders die Jugendspieler, die jetzt gerade in der A-Mannschaft begonnen haben.

RUND: Trainer Josef Hickersberger hat nach der Niederlage gegen die Färöer Inseln seinen Job verloren. Jetzt ist er wieder Nationaltrainer Österreichs. Haben Sie ihn nach dem Spiel 1990 jemals wieder gesehen?
Jens Martin Knudsen: Ich habe in häufig getroffen, auch auf den Uefa-Trainerlehrgängen. Wir haben ein gutes Verhältnis. Er ist ein angenehme Person und ein guter Trainer.

RUND: Hat er aus dem Debakel gelernt?
Jens Martin Knudsen: Sie sind Underdogs bei der EM, einem sehr hochklassigen Turnier. Sie haben den Heimvorteil und nichts zu verlieren. Sie haben alle Chancen, gut abzuschneiden.

RUND: Wie ist das Niveau der färöischen Profiliga?
Jens Martin Knudsen: Wir haben zehn Vereine, die pro Saison dreimal gegeneinander spielen. Es ist aber noch nicht auf dem Niveau der dänischen Liga. Aber es ist viel stärker als zuvor, denn es gibt Geld zu verdienen, so dass nicht alle guten Spieler ins Ausland gehen. Wir haben gute Trainer aus dem Ausland, aber auch viele gute eigene Trainer mit der Uefa-A-Lizenz. Ich selber habe auch eine A-Lizenz.

RUND: Sie sind auch Torwarttrainer der Nationalelf. Werden Sie zur Europameisterschaft fahren, um den Jungen Tipps geben zu können?
Jens Martin Knudsen: Ich werde hinfahren und Kolumnen für einige österreichische Blätter schreiben. Momentan laufen Verhandlungen, dass ich Co-Trainer bei der Nationalmannschaft werde, dann werde ich die Gegner beobachten.

„Der Mann von der Uefa holte ein Sixpack Bier heraus“
Klicken Sie hier, um den zweiten Teil des Interviews mit Jens Martin Knudsen zu lesen:


Jens Martin Knudsen
spielte 65-Mal für die Färöer Inseln, sein Letztes Länderspiel bestritt er 2006 gegen Polen. Sein erstes, das 1:0 am 17. September gegen Österreich in der EM-Qualifikation, machte ihn weltberühmt. Knudsen hielt hervorragend und trug eine weiße Bommelmütze. Zuvor stand er im Tor der Handball-Nationalmannschaft und wurde mehrmals Landesmeister im Turnen. Als erster Färinger wurde Knudsen Fußballprofi im Ausland. 1998 wechselte er zum isländischen Klub KS Leiftur, wo er zum Spieler des Jahres gewählt wurde. Im Jahre 2000 wurde er zum schottischen Erstligisten Ayr United FC ausgeliehen. Wegen einer Rückenverletzung kam er dort kaum zum Einsatz und kehrte ein Jahr später in seine Heimat zum NS√å Runavik zurück.



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