Thomas Hitzlsperger

Doku über homosexuelle Fussballer

 „Die Hoffnung ist, dass Fans weiter sind als die Verantwortlichen denken“

Manfred Oldenburg ist Regisseur der sehenswerten Doku „Das letzte Tabu“. Er lässt neben Thomas Hitzlsperger diejenigen Profifußballer ihre ganz persönliche Geschichte erzählen, die sich als homosexuell geoutet haben. Interview Matthias Greulich

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INTERVIEW
„Der Mann von der Uefa holte ein Sixpack Bier heraus“
Die Mutter aller Sensationssiege: Am 12. September 1990 gewannen die Färöer Inseln 1:0 gegen Österreich. Jens Martin Knudsen ist heute Co-Trainer der Färinger. Damals stand er mit der weißen Bommelmütze im Tor. Interview Matthias Greulich

 


Jens Martin Knudsen
Jubel nach dem Sieg gegen Österreich: Jens Martin Knudsen mit der Bommelmütze Foto Pixathlon




RUND: Herr Knudsen,
haben Sie Ihre Mütze noch, die Sie trugen, als die Färöer Inseln Österreich in der EM-Qualifikation 1992 sensationell mit 1:0 besiegten?
Jens Martin Knudsen: Ich habe sie immer noch. Es ist dieselbe, die ich trage, seit ich 13 bin. Ich musste sie mit Klebeband zusammenhalten, ansonsten wäre sie auseinander gefallen. Es ist eine Adidas-Skimütze. Wenn Adidas sie zurückhaben will, müssen sie mich anrufen. Vielleicht kommt sie in ein Museum. Die Uefa würde sie gerne für ihr Museum haben, ich denke vielleicht sollte Adidas sie zurückbekommen. Es müsste die bekannteste Skimütze der Welt sein.

RUND: Stimmt die Geschichte, dass Sie die Mütze aufsetzen mussten, weil Sie in ihrer Kindheit krank waren?
Jens Martin Knudsen: Nein, nein. Das passierte, als ich 13 Jahre alt war. Bei einem Spiel hatte ich eine Kopfverletzung nach einem Zusammenprall, eine Gehirnerschütterung. Als ich wieder anfing, sagte mir der Arzt, dass ich ein halbes Jahr lang einen Helm tragen müsste. Um den Doktor und meine Mutter zufrieden zu stellen, setzte ich die Mütze auf. Das war die Geschichte meiner Mütze.

RUND: Also war es wie bei Petr Czech?
Jens Martin Knudsen: Damals war eine Maske noch nicht erlaubt.


Jens Martin Knudsen
„Die bekannteste Skimütze der Welt“: Toni Polster erstarrt in Ehrfurcht vor Jens Martin Knudsen Foto Pixathlon


RUND: Dadurch, dass Sie die Mütze trugen, wurde die Niederlage in Österreich als noch peinlicher empfunden.

Jens Martin Knudsen: Nachdem wir gegen Österreich gewonnen hatten, war die Mütze im Fokus des Interesses. Denn es war auch die Zeit, als wir begannen, im internationalen Fußball mitzuspielen. Ich dachte viel darüber nach, die Mütze abzunehmen, denn ich wäre die größte Lachnummer in Europa gewesen, wenn wir das Spiel 0:10 verloren hätten. Aber ich wollte mich nicht verändern und es ist sehr gut, etwas auf dem Kopf zu tragen, wenn man in einer neuen Welt ist und es wilder auf dem Platz zugeht. Ich dachte einfach, es ist ein gutes Zeichen und setzte meine Handschuhe und die Mütze auf. Dann bin ich nicht ganz dieselbe Person.

RUND: Woran erinnern Sie sich denn am liebsten?
Jens Martin Knudsen: Ich wurde zur Doping-Kontrolle ausgelost, mit zwei österreichischen Spielern. Ich denke, sie hatten sich nicht besonders verausgabt, denn sie pinkelten sehr, sehr früh. Wir hatten sehr hart gearbeitet und brauchten viel länger für unser Geschäft. Der Mann von der Uefa war aus Schottland, und er war sehr ruhig gewesen und hatte überhaupt nichts gesagt. Aber sobald die beiden Österreicher fertig waren, holte er ein Sixpack Bier heraus und hat uns zur großen Sensation gratuliert. Vielleicht hat er sich gefreut, weil auch Schottland eine kleine Mannschaft in Europa ist.

RUND: Wie lange dauerten die Feiern nach dem Sieg?

Jens Martin Knudsen: Es gab noch keine Handys, und wir wussten nicht wie die Situation Zuhause war, weil wir unsere Heimspiele damals noch in Schweden austragen mussten. Als wir am nächsten Tag zurückkamen, dauerten die Feiern noch zwei Tage an. Es gab nichts Vergleichbares vorher oder danach.

RUND: Sind Sie ein Star auf den Färöer Inseln?

Jens Martin Knudsen: Wir sind ein kleines Land und sehen uns ständig, da ist man kein Star. Aber natürlich bin ich sehr bekannt, vielleicht kennen mich 99 Prozent der Bevölkerung. Wenn ich mich wie ein Star verhielte, würde man mich auslachen, denn wir sind hier alle gleich.

RUND: Als Sie in Schottland spielten war das anders?

Jens Martin Knudsen: Ganz bestimmt. Ich musste mich neu beweisen in einem fremden Land. Ich hatte Pech als ich dort ankam, ich hatte eine Rückenverletzung. Es war nicht die beste Zeit meiner Karriere.

RUND: Sie sagten kürzlich in einer österreichischen Tageszeitung, dass Sie fast mal in Österreich gespielt hätten. Wollten Sie auch deutsche Vereine haben?
Jens Martin Knudsen: Es gab Verhandlungen mit deutschen Klubs. Damals wie heute gibt es viele gute Torhüter, so hat es nicht geklappt. Mit Wolfsburg wurde verhandelt und in den frühen Jahren gab es auch Gespräche mit St. Pauli.

RUND: Auf St. Pauli hätte man Ihre Mütze gemocht.

Jens Martin Knudsen: Vielleicht. Es gibt viele gute Keeper in Europa, aber sie haben keine Mütze auf. Deshalb erinnert man sich nicht an sie. Das war vielleicht mein Glück, ich weiß es nicht.

DIE MÜTZE
Nach ihr wird Jens Martin Knudsen noch in 20 Jahren gefragt werden. Für das Länderspieldebüt der Färöer Inseln am 12. September 1990 besorgte sich der Keeper eine weiße Skimütze von Adidas. Den Schriftzug überklebte er, die Bommelmütze trug er auch bei seinem letzten Ligaspiel beim NS√å Runavik, mit dem Knudsen zum Abschluss seiner Karriere Landesmeister wurde.



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