TEIL 1
Wilde Tage im August
Zum Bundesligastart: So manches Auftaktspiel lieferte Anekdoten, die in keinem Bundesliga-Rückblick fehlen dürfen. RUND hat die 15 skurrilsten Saisonstarts ausgewählt. Wir starten mit Sie Platz 15 bis 11, aufgezeichnet von Broder-Jürgen Trede

Sergej Barbarez
Zum Bundesligaauftakt Platzverweis: Der damalige Dortmunder Sergej Barbarez flog 1999 nach einer Tätlichkeit vom Platz. Foto Mareike Foecking

 

Nach der Fußball EM startet die Bundesliga wieder. Welche Auftaktspiele lieferten Anekdoten? Wir blicken zurück.

Platz 15
1990: Never As Good As The First Time
Hertha BSC Berlin – FC St. Pauli 1:2 (9. August 1990)
Der Hauptstadtklub Hertha will mit seinem neuen Gespann aus Trainer Werner Fuchs und Manager Horst Wolter ganz oben angreifen. Star-Einkauf Uwe Rahn trifft zwar gleich gegen St. Pauli, dennoch geht das Spiel noch mit 1:2 verloren. Von da an geht es bergab. Rahn entpuppt sich als Flop, die Hertha schafft nur einen Heimsieg und verschleißt gleich drei Trainer! Nach Fuchs (bis 12. November) müssen auch Pal Csernai (bis 12. März) und Peter Neururer (bis 27. Mai) vorzeitig ihren Hut nehmen. Kurios: Nach der Start-Niederlage führt die Tabelle die Berliner auf Rang elf. Es ist das einzige Mal in der gesamten Saison, dass die Hertha nicht das Schlusslicht ist. Anschließend gibt es 33 Mal die rote Laterne – trauriger Bundesliga-Rekord, den nicht einmal Stadtrivale Tasmania (siehe oben, 1965) erreichte. Auch St. Pauli bringt das Auftaktspiel kein Glück. Es ist einer von nur zwei Auswärtssiegen der Hamburger, ebenfalls zu wenig für den Klassenerhalt.

Platz 14: Skoblar – The One Hit Wonder
1987: Hamburger SV – FC Schalke 04 5:2
(1. August 1987)
Schweigen ist manchmal Gold. Das wusste man nirgendwo so gut wie in Hamburg, wo die Ultra-Kurz-Pressekonferenzen des geliebten Trainers Ernst Happel („Schreibt‚Äòs was ihr wollt. Ist mir eh wurscht!“) längst Kultstatus erlangt hatten. Nachfolger Josip Skoblar pflegt einen anderen Stil und tappt bei seiner Premieren-Pressekonferenz ins verbale Abseits. Angesprochen auf seinen Wunsch an den Spielplan verwirrt der Jugoslawe die Journalisten mit der Aussage: „Es ist überhaupt nicht wichtig, dass wir zuerst zu Hause spielen. (…) Wichtig ist, dass wir zuerst ein Heimspiel haben.“ So kommt es. Das 5:2 im Volkspark über Schalke beschert Skoblar gleich die Tabellenführung. Doch zum Teil bizarre Personalentscheidungen, vor allem der Einsatz seines nicht bundesliga-tauglichen Landsmanns Mladen Pralija auf der Torwartposition, lassen den Meisterschaftskandidaten HSV ins Mittelmaß abrutschen. Skoblar muss Anfang November gehen und darf Pralija gleich mitnehmen.


Platz 13:
1973: Aus Ravensburg ins Sportstudio
VfB Stuttgart – FC Schalke 04 3:0 (11. August 1973)

Erstes Bundesligaspiel, drei Tore – so einen Einstand gab es noch nie. Entsprechend verblüfft fragt das Fachblatt
Kicker seine Leser: „Kennen Sie den Ohlicher?“ Die meisten Experten müssen den Kopf schütteln. Sie haben den 23-jährigen Stuttgarter Neuzugang vom FV Ravensburg ebenso wenig auf dem Zettel wie die Schalker Hintermannschaft an diesem Nachmittag. Die VfB-Fans skandieren begeistert: „Heut’ war der Hermann mit dem Hammer da!“ Ohlichers Dreierpack beschert dem VfB die Tabellenführung und dem angehenden Diplom-Ingenieur prompt eine Einladung ins Aktuelle Sportstudio. Als er dort an der ZDF-Torwand leer ausgeht, erklärt er routiniert: „Wichtiger ist, dass ich weiter in der Bundesliga treffe.“ Das gelingt famos. 14 Tore legt er in dieser Saison noch nach. Insgesamt bleibt er den Stuttgartern zwölf Jahre treu und kommt dabei auf 318 Erstligaspiele und 96 Tore. Außer ihm gelang bislang nur vier weiteren Spielern ein ähnlich furioses Bundesliga-Debüt mit drei Toren: Engelbert Kraus (1860 München, 17. Spieltag 1963/64) Olaf Marschall (Dynamo Dresden, 1.Spieltag 1993/94), Adhemar (VfB Stuttgart, 20. Spieltag 2000/01) und Martin Fenin (Eintracht Frankfurt, 18. Spieltag 2007/08).

Platz 12:
1968: Zeig mir den Platz an der Sonne
Bayern München – 1.FC Kaiserslautern 2:0 (17. August 1968)

Die Münchner schlagen die Pfälzer dank eines Kopfballs von Rainer Ohlhauser und eines Eigentors ihres späteren Trainers Otto Rehhagel. Zwar gewinnt Alemannia Aachen zum Auftakt höher (4:1 in Nürnberg), da damals jedoch bei Punktgleichheit noch das Torverhältnis (oder besser: der Torquotient) über die Platzierung entscheidet, geht die erste Tabellenführung an die gegentorlosen Bayern. Und die geben diesen Platz an der Sonne auch an den folgenden 33 Spieltagen nicht mehr her und werden Meister. Es ist der erste Durchmarsch der Bundesliga-Geschichte. Ein Kunststück, das danach nur noch drei Mal gelingt, natürlich immer den Bayern: 1972/73, 1984/85 und 2007/08. Übrigens: Ab der Saison 1969/70 wird das Divisions- durch das Subtraktionsverfahren abgelöst. Seitdem entscheidet bei gleicher Punktzahl die Tordifferenz.

Platz 11
1999: Fußball kein Männersport mehr (13. bis 15. August 1999)

Grabschern und Grätschern geht es ans Leder. Die Bundesliga-Schiedsrichter greifen rigoros durch und setzten die neuen Anweisungen der FIFA konsequent um. Trikotzupfen hat ab sofort die gelbe, Grätschen von hinten in schweren Fällen sogar die rote Karte zur Folge. Zum Start fliegen 1999/2000 gleich sieben Profis vom Platz – Bundesliga-Rekord! Dortmunds Sergej Barbarez (nach Tätlichkeit) und Leverkusens Boris Zivkovic (nach Notbremse) sehen glatt Rot, Ned Zelic und Christian Prosenik (beide 1860 München), Ludwig Kögl (Unterhaching), Zvonimir Soldo (VfB Stuttgart) und Mehdi Ben-Slimane (SC Freiburg) bekommen gelb-rot. Zivkovic muss nach seinem Foul gegen den durchgebrochenen Duisburger Markus Beierle sogar schon nach vier Minuten zum vorzeitigen Duschen. Auch das ist ein Rekord.

Lesen Sie morgen in Teil 2 der Top 15
Platz 10 bis 6

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