TEIL 3
„Die Bayern sind satt“
Die wichtigsten Auftaktspiele der Liga: 1974 blamierten sich die Münchner bis auf die Knochen. Das 0:6 in Offenbach gehört zu den RUND-Top15. Von Broder-Jürgen Trede.

Uli Hoeneß
Absturz als Weltmeister: Uli Hoeneß und die Bayern verlieren 0:6 in Offenbach


Platz 5

Träume in Neukölln
1965: Tasmania Berlin – Karlsruher SC 2:0 (14. August 1965)Tasmania Berlin ist nur aus politischen Gründen und entgegen jeder sportlichen Qualifikation in die Bundesliga aufgestiegen (Hertha BSC war wegen verbotener Handgeldzahlungen die Lizenz entzogen worden, Berlin sollte aber im Kalten Krieg nicht von der Erstliga-Landkarte verbannt werden). Doch die Premiere des Neulings aus Neukölln ist äußerst verheißungsvoll: 2:0 gegen den Karlsruher SC. Wulf-Ingo Usbeck trifft doppelt, erst nach Flanke von Wolfgang Neumann, dann nach unwiderstehlichem Alleingang. Sensationelle 81.524 Zuschauer strömen ins Olympiastadion. Sie ahnen nicht, dass sie Zeugen einer absoluten Ausnahmeerscheinung werden, denn anschließend gelingt den Berlinern fast gar nichts mehr. Es folgen 31 sieglose Spiele mit lediglich vier Remis. Kein halbes Jahr nach dem glorreichen Auftakt wollen an derselben Stätte gerade mal 827 Unerschütterliche die Tasmania gegen Borussia Mönchengladbach sehen – nahezu freie Platzwahl im ganz weiten Rund des größten deutschen Stadions. Erst im letzten Heimspiel gelingt beim 2:1 gegen Mitabsteiger Neunkirchen ein weiterer Sieg. Die traurige Bilanz am Saisonende: 15:108 Tore und 8:60 Punkte – bis heute unerreichte Minusrekorde und wohl für immer ein schmachvoller Sonderplatz in den Bundesliga-Annalen.
 
Platz 4
Meisterschaft entschieden: Otto siegt bei Bayern

1997: Bayern München – 1.FC Kaiserslautern 0:1 (2. August 1997)

Das Comeback des Jahres. In doppelter Hinsicht. Der Zweitliga-Aufsteiger aus der Pfalz siegt in München durch Michael Schjönbergs Kopfball. Es ist die Rache des Otto Rehhagel, der 15 Monate zuvor noch bei den Bayern gefeuert wurde. Die Körpersprache verrät, welch persönliche Genugtuung der Sieg für den Trainer darstellt. Rehhagel übt sich in Understatement und erklärt: „Wir kämpfen nur um den Klassenerhalt. Es wird noch Jahre dauern, bis der FCK den Absturz des Jahres 1996 in die Zweite Liga endgültig aufgearbeitet hat.“ Weitere weise Worte eines Fußball-Philosophen, wie sich mittlerweise herausgestellt hat. Sportlich wurde die Vergangenheit vorübergehend im Eiltempo bewältigt: Aufsteiger Kaiserslautern wird sensationell Meister, mit zwei Punkten Vorsprung vor den Bayern. Grundsteinlegung für diesen Triumph: am ersten Spieltag in München.


Platz 3
Timos Premiere

1963: Werder Bremen – Borussia Dortmund 3:2
(24. August 1963)
Der Sekundenzeiger der großen Bundesliga-Uhr hat noch nicht einmal eine Runde geschafft, da zappelt der Ball bereits zum ersten Mal im Netz. Handgestoppte 51 Sekunden soll es gedauert haben – zu schnell für die meisten der 32.000 Zuschauer im Weserstadion von denen viele noch ihren Platz suchten, zu schnell für das Fernsehen, zu schnell auch für die zahlreichen Pressefotografen. „Ich habe alles versucht, es gibt keine TV-Bilder. Nur ich und die Zuschauer im Stadion können sich daran erinnern", sagt Friedhelm Konietzka. Auch deshalb muss der heute 70-jährige Ex-Profi von Borussia Dortmund seinen historischen Premierentreffer immer wieder schildern: „Anstoß, Franz Brungs wurde als ältester Spieler traditionell zuerst angespielt, von ihm kommt ein Pass auf die linke Außenseite zu Emma (Lothar Emmerich/Anm. d. Verf.), der gab flach rein. Ich wurde angespielt zwischen Fünfmeterraum und Elfmeterpunkt und habe den Ball flach mit rechts reingeschossen." Blitzstarter Konietzka bleibt bis zum Schluss wach und avanciert auch noch zum Last-Minute-Mann, als er in der 90. Minute ein zweites Mal trifft. Punkte gibt es dafür dennoch nicht, Dortmund verliert zum Bundesligaauftakt bei Werder Bremen mit 2:3. Konietzka erzielt 1963/64 noch weitere 23 Treffer und landet hinter Uwe Seeler (30 Tore) auf Rang zwei der Torschützenliste.


Platz 2
Tabellenführung, gesamtdeutsch
1991: Hansa Rostock – 1. FC Nürnberg 4:0 (3. August 1991)Wiedervereinigung auch auf dem Fußball-Rasen. Die Bundesliga wird auf 20 Klubs aufgestockt, aus dem Osten stoßen Hansa Rostock und Dynamo Dresden hinzu. Nach der letzten DDR-Oberliga-Meisterschaft (25. Mai) und dem Sieg im letzten FDGB-Pokal über Stahl Eisenhüttenstadt (2. Juni) erstürmt Hansa Rostock auch gleich die Tabellenspitze der neugeordneten Bundesliga. Im Ostseestadion schießen Florian Weichert (2), Roman Sedlacek und Michael Spieß für die Truppe von Uwe Reinders ein deutliches 4:0 über Nürnberg heraus. Die Anfangseuphorie verpufft. Hansa wird am Ende Drittletzter und muss absteigen. Dennoch: Die Jungs von der Küste sind bis heute der erfolgreichste Bundesligaklub aus den neuen Bundesländern.
 
Platz 1
Weltmeister stürzen ab
1974: Kickers Offenbach – Bayern München 6:0
(24. August 1974)
Was für eine Klatsche für die Weltmeister! Gerade einmal 48 Tage sind nach dem Triumph von München vergangen, und das Gros der Weltmeisterelf scheint noch ziemlich berauscht. Im Frankfurter Waldstadion kommt der FC Bayern gehörig unter die Räder und gönnt sich pro Weltmeister ein Gegentor. Mit Sepp Maier, Georg „Katsche“ Schwarzenbeck, Franz Beckenbauer, Gerd Müller und Uli Hoeneß kassiert der Titelverteidiger seine bis dahin höchste Bundesliga-Niederlage. Einzig Paul Breitner ist aus dem Weltmeister-Sextett ausgeschieden und zu Real Madrid gewechselt. Seine Abschiedsworte werden zum Menetekel: „Die Bayern sind satt und brauchen vom Zeugwart bis zum Schuhputzer eine neue Motivation.“ Trainer Lattek wird im Winter in höchster Abstiegsnot freigestellt. Am Ende landet der Serienmeister nach 14 Niederlagen und 63 Gegentoren auf Rang zehn – so schlecht wie nie zuvor.





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