platz 10 bis 6
Die Lachnummer schlechthin
RUND hat die 15 skurrilsten Saisonstarts der Bundesliga ausgewählt: Lesen Sie im Platz 10 bis 6 des Rankings, wie ein abgefälschter Einwurf im Tor landete, warum ein Stürmer zum großen Deppen wurde und bereits am ersten Spieltag eine Meisterschaft entschieden wurde. Aufgezeichnet von Broder-Jürgen Trede.

Jean-Marie Pfaff
21. August 1982: Jean-Marie Pfaff hechtet zum ersten Mal für den FC Bayern. Es war das Spiel, als Uwe Reinders mit einem von Pfaff abgefälschten Einwurf das Tor traf Foto Pixathlon




Platz 10
Das erste Stadtderby

1965: 1860 München – Bayern München 1:0
(14. August 1965)
Wieder eine historische Premiere, wieder trifft Konietzka in der ersten Spielminute. Sein Tor nach 30 Sekunden entscheidet das erste Stadtderby der Bundesliga-Geschichte. Schon bei der Bundesligagründung zwei Jahre zuvor hatten die Blauen (1860) gegenüber den Roten (FC Bayern) die Nase vorn. Der DFB erlaubte aus Proporzgründen zum Start keine zwei Klubs aus einer Stadt. Nun die prestigeträchtige Pleite beim ersten Auftritt der jungen Bayern-Elf, u.a. mit Sepp Maier (21 Jahre), Franz Beckenbauer (19) und Gerd Müller (19). 44.000 Zuschauer im Stadion an der Grünwalder Straße sind enttäuscht, denn sie sehen ein „hässliches und zeitweise an Selbstzerfleischung ausartendes Spiel“ (Kicker). Bayern-Mittelläufer Dieter Danzberg fliegt nach diversen Nickligkeiten vom Platz. Sechzig-Keeper Petar „Radi“ Radenkovic hat Glück, dass er nach einer Tätlichkeit gegen Dieter Brenninger weiterspielen darf. Bayern-Trainer Zlatko „Tschik“ Cajkowski kommentiert selbstkritisch: „Beschämend, das nennt man dem Publikum das Geld aus der Tasche stehlen.“ Das Ergebnis kommt den FC Bayern auf jeden Fall teuer zu stehen, denn indirekt ist es schon eine Entscheidung in der Meisterschaft. Am Saisonende reicht es für Rang drei – nur drei Punkte hinter dem neuen Meister 1860.


Platz 9
Bayern jagt St. Pauli

FC St. Pauli – 1860 München 4:2 (12. August 1995)

Noch ein ungewöhnlicher Tabellenführer: Aufsteiger FC St. Pauli steht nach einem 4:2 über 1860 München überraschend ganz oben. Auf dem Kiez ahnt man die Flüchtigkeit dieses Ruhms. Feste soll man eben feiern, wie sie fallen. Lange vor den Weltpokalsiegerbesieger- (2002) und Retter-T-Shirts (2003)finden in Hamburg die speziell für diesen Anlass produzierten Textilen reißenden Absatz. Auf der Vorderseite des Spitzenreiter-Shirts ist eine Schlagzeile der Hamburger Morgenpost („St. Pauli gejagt von Bayern München“), auf der Rückseite die Tabelle des ersten Spieltags abgedruckt. Prompt wird am Millerntor auch die Ansage des Anrufbeantworters geändert: „Hallo, sie sprechen mit dem Fanladen des derzeitigen Tabellenführers der 1. Fußball-Bundesliga, FC St. Pauli …“ In 45 Jahren Bundesliga gelang 29 verschiedenen Klubs der Sprung auf Platz eins. Was für Bayern München (550 Tabellenführungen), Werder Bremen (129) oder Borussia Mönchengladbach (128) Routine war und ist, blieb für St. Pauli bislang ein einmaliger Festtag.


Platz 8
Schonung für Winklhofer

Bayer 05 Uerdingen – Bayern München 1:0
(10. August 1985)

Wieder geht der Saisonauftakt für die Bayern mit 0:1 in die Hose. Wieder sorgen sie mit einer ungewollten Slapstick-Einlage für durch Schadenfreude hochgezogene Mundwinkel. Und wieder ist Keeper Jean-Marie Pfaff betroffen. Doch dieses Mal trifft ihn keine Schuld. Mit diesem Schuss war einfach nicht zu rechnen: In der 34. Minute kommt es im Mittelfeld zu einer Pressschlagsituation. Während Bayer-Stürmer Larus Gudmundsson seinen Fuß im letzten Moment noch geschickt zurückhält, zieht Bayern-Mittelfeldspieler Helmut Winklhofer voll durch. Er trifft den Ball optimal, sein kraftvoller Schuss senkt sich aus etwa 35 Metern sehenswert in die Maschen – leider sind es die des eigenen Tores. Winklhofer bleibt „mit den Nerven total fertig“ in der Halbzeit in der Kabine, und Bayern-Trainer Udo Lattek gibt süß-sauer lächelnd zu Protokoll: „Das ist jetzt unser Torjäger. Ich wollte ihn für das nächste Spiel schonen.“ Wenig später wählen die Zuschauer der Sportschau den Treffer zum „Tor des Monats“. Die Siegermedaille hat Helmut Winklhofer bis heute nicht bei der ARD abgeholt.


Platz 7
Die Lachnummer schlechthin

Bayern München – Borussia Dortmund 2:2 (9. August 1986)

Endlich sind mal die anderen die Deppen. Frank Mill, Millioneneinkauf aus Gladbach, macht beim Debüt für seinen neuen Arbeitgeber ein Riesenspiel und bereitet beim 2:2 in München beide Dortmunder Treffer mustergültig vor. Doch davon spricht hinterher niemand mehr. Jeder hat nur diese unglaubliche Szene im Kopf: Erneut hat die Bayern-Abseitsfalle nicht funktioniert, Regisseur Marcel Raducanu spielt im richtigen Moment ab, Mill ist frei durch, umkurvt auch noch Torwart Pfaff und läuft mutterseelenallein aufs leere Tor zu. Mill: „Auf einmal lag der Ball genau zwischen meinen Beinen. Ich konnte ihn nicht mehr richtig kontrollieren. Pfaff kam wieder herangestürmt. Ich musste abschließen. Und so kam dieser Kunststoß zustande. Statt den Ball zu versenken, schoss ich ihn tatsächlich an den kurzen Pfosten. Unfassbar. Es war die Lachnummer schlechthin.“ Die TV-Bilder dieser Aktion werden rauf und runter gespielt, wochenlang ziehen die Teamkollegen Mill damit auf. Auch Monate später findet der Stürmer keine Ruhe: „In der Winterpause war ich mit meiner Frau im Urlaub in San Francisco. Da lief eine Fernsehsendung mit sportlichen Kuriositäten, wie einer einen Basketballkorb abreist und solche Sachen. Und plötzlich läuft da mein Klopper. Ich dachte, ich guck‚Äò nicht richtig!“


Platz 6
Einwurf – Tor!

Werder Bremen – Bayern München 1:0
(21. August 1982)

So ein Tor hat die Bundesliga noch nicht gesehen. In der 44. Minute wirft Bremens Uwe Reinders von der linken Seite kraftvoll ein. Eine harmlose Standardsituation. Eigentlich. Doch der Ball fliegt über 35 Meter weit vor das Tor. Bayerns neuer Torwart, der Belgier Jean-Marie Pfaff, ist überrascht und verschätzt sich. Von seinen Fingerspitzen rutscht die Kugel ins Netz. 1:0 für Werder, der Endstand. Ganz Deutschland lacht über die Münchner, denn hätte Pfaff den Ball nicht berührt und einfach durchgelassen, hätte es Abstoß gegeben. Laut Regel dürfen aus Einwürfen direkt keine Tore erzielt werden. Schließlich heißt das Spiel ja Fußball …

Lesen Sie morgen in Teil 3:
Platz 5 bis 1 des Rankings der skurrilsten Bundesligaauftaktspiele



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