INTERVIEW
„Viele Profis denken eher kurzfristig“
Nach der Karriere wissen viele Profis nicht, was sie machen sollen. Bei Spielergewerkschaft VDV haben sie deshalb Laufbahncoach Frank Günzel als Ideengeber und Berater engagiert. Interview Sebastian Koch

Frank Günzel

Schuhe am Nagel: Frank Günzel hilft Profis nach der Fußballkarriere Foto Martin Krüger


RUND: Herr Günzel, wie kommt es, dass gerade ein ehemaliger Kunstturntrainer Fußballprofis in puncto Karriereende beraten soll?

Frank Günzel: Prinzipiell gibt es ja durchaus Parallelen im Profisport, sei es nun Turnen oder Fußball. Dank meiner Tätigkeit als Laufbahnberater im Olympiastützpunkt Dresden/Chemnitz und der Anfertigung einer empirischen Studie für die VDV zu dem Thema „Berufsplanung von Fußballprofis“ habe ich diesbezüglich gewisse Erfahrungen.

RUND: Wozu brauchen Profifußballer überhaupt einen Laufbahnberater. Ist es nicht offensichtlich auf welche Tätigkeitsbereiche sich die Jobmöglichkeiten für Spieler reduzieren?
Frank Günzel: Sicherlich denken viele Profis, sie könnten später entweder als Trainer, Berater oder Manager unterkommen und vergessen dabei, dass diese Jobs nur in geringem Maße vorhanden sind. Hier gilt es unter dem Motto „kratze dich, bevor es juckt“ anzusetzen. Der Versuch, die Profis für eine Planung nach der aktiven Karriere zu sensibilisieren, ist eine große Herausforderung. Im Idealfall wird der Plan noch in der aktiven Zeit geschmiedet.

RUND: Ein Klischee besagt, dass eine Vielzahl von Fußballern nicht die Hellsten sind. Sofern diese Vermutung der Wahrheit entspricht, dürfte sich doch die Zukunftsplanung der Sportler als recht schwierig gestalten, oder?
Frank Günzel: Was das Klischee betrifft, will ich mir hier nicht die Zunge verbrennen. Es stimmt aber, dass viele Profis eher kurzfristig denken und sich keine Gedanken über die Zeit nach dem Sport machen. Hier gilt es dann anzusetzen und außerfußballerische Fähigkeiten und Qualitäten der Profis zu erarbeiten.

RUND: Was raten Sie einem durchschnittlichen Regionalligaspieler höheren Alters, wenn er kein prickelndes Vertragsangebot mehr bekommt?
Frank Günzel: Wir versuchen eine so genannte Berufsfindung. Hierbei werden individuelle Fähigkeiten erörtert und der Blick auf das persönliche Umfeld des Spielers gerichtet. Gibt es die Möglichkeit, mit Hilfe des Bekanntenkreises oder bei Sponsoren unterzukommen? Bietet sich eine Fort- oder Ausbildung an?

RUND: Ist der heutige Durchschnittsprofi sogar in manchen Fällen anfällig für Hartz IV?
Frank Günzel: Das hat es auch schon gegeben. Neben einer möglichen finanziellen Degradierung spielen aber auch des Öfteren mentale Probleme der Spieler eine Rolle. Das Gefühl plötzlich nicht mehr gebraucht zu werden kann auch Exprofis zermürben.

Das Interview ist in RUND #20_03-07 erschienen.

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