BUCH
Eiserner geht es nicht
Der Berliner Fotograf Georg Krause fotografierte mehr als 800 Anhänger des 1. FC Union Berlin. Eine Auswahl dieser Fotos veröffentlichte er im Bildband „Eiserne Menschen". Von Jonas Strohschein

Fan von Union Berlin

Seht her: Einer der "Eisernen Menschen" aus dem gleichnamigen Bildband. Foto Gerd Krause


Manuela D., 33-jährige Reinigungskraft aus Berlin, steht in Turnschuhen, Jogginghose und rot-weiß- gestreiftem Trikot vor der Leinwand des Fotografen. Stolz legt sie die Arme um ihre beiden Kinder. Dem zwölfjährigen Björn hat sie das Gesicht in den Vereinsfarben bemalt und auch seine kleine Schwester Nicole ist reichlich mit Schals behängt. Jens T.,37 Jahre alt, ist Tischlermeister. Seinen Kinnbart trägt er lang, die Haare auch. Die Fahne in der Hand, den Schal um den Hals und die Augen hinter einer schwarzen Sonnenbrille versteckt, posiert er lässig für die Kamera. Was die vier gemeinsam haben? Sie sind Anhänger des 1.FC Union Berlin und wurden mit rund 800 Gleichgesinnten für die Kunstaktion „Eiserne Menschen“ vom Köpenicker Fotografen Georg Krause abgelichtet. Gemeinsam mit dem Projektkünstler Matti Michalke porträtierte Krause drei Jahre lang Fans des Kultvereins. Mehrere Ausstellungen im Berliner Raum sorgten für Aufsehen, unter anderem präsentierte Krause die Fotos lebensgroß auf der Tribüne des Berliner Stadions Alte Försterei. Im Jahr 2006 veröffentlichte er dann einen Bildband mit einer Auswahl an zeitlosen Aufnahmen der ganz besonderen Berliner Fans.

Das Buch kommt aufwendig produziert mit Hardcover und Hochglanzfotos daher. Durch seine Maße (24cm x 27 cm) sollen die Fotos ihre volle Wirkung entwickeln können. Bereits im Vorwort zeigt sich Union- Präsident Dirk Zingler angetan von dem „gelungenen Zusammenspiel aus Fußball, Kult und Kunst.“ Vorschusslorbeeren, denen das Buch nicht über die volle Länge gerecht wird. Zu ähnlich sind sich viele Fotos: Ausgestreckte Daumen in Richtung der Kamera, Vater und Sohn beim Fußball oder der klassische Fanschal, siegessicher in die Höhe gehalten. So gehen die wirklich gelungenen Aufnahmen leicht in der Bilderflut unter. Diese gibt es bei näherer Betrachtung aber durchaus. „Berliner Originale“, Treu, enthusiastisch und erstaunlich leidensfähig lassen den Leser neugierig werden auf den Menschen unter dem Trikot. So teilt sich Pfandsammler Peter S. Im Buch eine Doppelseite mit Dr. Antonio Hurtado, seines Zeichens Aufsichtsratsvorsitzender des 1. FC Union. René W. hält seine zwölf Tage alte Tochter Lea Sophie auf dem Arm, selbstverständlich im Union- Strampelanzug. Oder Britt I., Kraftfahrerin und Torfrau bei Union. Sie lässt mit Torwarthandschuhen und bösem Blick keinen Zweifel daran aufkommen lässt, wer die Herrin ist im Berliner Fünfmeterraum.

Im hinteren Teil des Buchs beschreiben einige Auserwählte Unioner ihre Verbundenheit zum Verein und persönliche Geschichten rund um die Eisernen. Das ist packend: Union- Fan „Andora“ stand 1968 als Zehnjähriger erstmals im Stadion. Der Virus hatte ihn schnell gepackt, für Auswärtsfahrten schwänzte er regelmäßig die Schule. Andora fühlte sich im Fanblock einfach wohler als in der DDR- Jugendorganisation FDJ. Über die Jahre wurde er wie viele Union- Fans immer politischer, was den Staatsoberen ganz und gar nicht gefiel. 1978 verurteilte das Gericht Andora aufgrund seiner politischen Aktivitäten zu einer Gefängnissstrafe. Ein Schicksal das exemplarisch ist für den Umgang mit Union in der DDR. Aber auch unterhaltsame Anekdoten rund um Stadionliebschaften, verschollen geglaubte Achim Mentzel- Schallplatten und die Entstehung des Buches sind hier zu finden.

Wären die „Eiserne Menschen“ eine Fußballmannschaft, könnte man sagen, dass es ein wenig an der Breite des Kaders fehlt, für einen absoluten Spitzenplatz. Für Union-Fans ist der Band ein Muss, für Sympathisanten ein lohnender Kauf.


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"Eisern vereint" der Film von Andreas Gräfenstein


Eiserne Menschen- Fußballfreunde des 1. FC Union
156 Seiten, 19,68 Euro
www.eiserne-menschen.de

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