ZEITUNGSENTE
„Diese Frau ist eine Verrückte“
Das Model Alexandra Paressant muss 100.000 Euro Schmerzensgeld an Ronaldinho zahlen – das hat das Landgericht Barcelona entschieden.  Im WM-Sommer 2006 hatten europäische Boulevardzeitungen über die Affäre des Brasilianers mit der französischen Geliebten berichtet. Einziger Nachteil: Die gab es gar nicht. Von Joachim Barbier, Paris.


Ausriss
„Ist diese Badekhose jetzt vergeben?": Ausriss: „Bild"



Ihre so genannte Beziehung mit Ronaldinho hat die Boulevardmedien im WM-Sommer 2006 beschäftigt. Unter den Zeitungen, die darüber berichteten, waren auch die englische „Sun“ und die „Bild“-Zeitung. Die hat Alexandra Paressant sogar gleich zweimal als Geliebte des brasilianischen Spielmachers vorgestellt. Paressant, so die Legende, sei ein berühmtes französisches Topmodel, das das Herz des Brasilianers in einem Nachtclub in Paris erobert habe, wo die Spieler von Baráa den Finalsieg in der Champions League feierten. Ob Deutschland, England, Frankreich, Spanien – die Bekenntnisse von Alexandra waren überall zu lesen. Sie hätten sich unsterblich ineinander verliebt, wollten ein Kind adoptieren und vor allem sei Ronnie ein fantastischer Liebhaber. Jedes Mal vertraute Alexandra Paressant den Berichterstattern die intimsten Details ihrer heißen Beziehung an. Ein Glücksfall für die Zeitungen, die im Juli ihre WM-Berichterstattung erotisch aufladen konnten.

Eine Kleinigkeit stört allerdings in der schönen Geschichte: Alexandra Paressant war niemals die Geliebte von Ronaldinho – nicht einmal für eine Nacht. Der Schwindel wurde gemeinsam vom französischen Fußballmagazin „So Foot“ und dem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender France 3 aufgedeckt. Es zeigte sich, dass Alexandra zwar nicht mit Ronaldinho zusammen war, dafür aber eine Expertin der Medienmanipulation ist. Der jungen Französin war es gelungen, insbesondere im Internet ein virtuelles Double zu schaffen, in dem sich alle ihre Träume bündelten: Starmannequin, Schauspielerin, Moderatorin für Sky TV in Italien, Muse für Kosmetiklinien. Wie stellte sie das an? Sie benutzte ein Pseudonym – Dany90 -, überschwemmte die Foren, in denen über den brasilianischen Star diskutiert wurde, und infiltrierte die unzähligen Websites, die den Freundinnen von Spielern gewidmet sind. Um die Informationen glaubhaft zu machen, die sie über das glorreiche Leben des Mannequins Alexandra postete, zitierte sie seriöse Quellen wie die französische Nachrichtenagentur AFP oder TV Globo, den brasilianischen Privatsender.

Alexandra Paressant kontaktierte die Medien und schlug ein Exklusivinterview vor. Sie verwies dann auf ihre Agentin, Olivia Ducreux, hinter der sich als niemand anderes als Alexandra Paressant verbarg – unter einer anderen Telefonnummer. Die falsche Agentin war damit beauftragt, interessierte Medien, die sich leimen ließen, mit Fotos von Alexandra Paressant zu beliefern. „Bild“ und die „Sun“ haben deshalb Bilder einer gewissen Alexandra Kabi veröffentlicht, eines Exmannequins, das auf sexy Kalender spezialisiert war.

Auf Anfrage wollten sich die beiden „Bild“-Mitarbeiter, Florian Scholz und Cathrin Gilbert, nicht zu ihrem Schnitzer äußern, da ihr Vertrag ihnen verbiete, „mit anderen Medien zu sprechen“. Sie verwiesen auf die Pressestelle des Axel Springer Verlags, die sich zu diesem Thema nicht äußern wollte. Die „Sun“ gab ihrerseits nicht bekannt, wie sie an die intimen Bekenntnisse der Alexandra gekommen ist. Was das Motiv für diese Geheimnistuerei ist, ist schwer zu sagen.

Als die Affäre im vergangenen Sommer immer mehr Wirbel verursachte, sah sich das Umfeld von Ronaldinho gezwungen, eine Presseerklärung herauszugeben, um die Beziehung zu dementieren. Jorge Pecourt, ein Anwalt aus Barcelona, erklärte, „Maßnahmen ergriffen zu haben“. Am Telefon ist Roberto Assis de Moreira, der seinen Bruder Ronaldinho managt, immer noch wütend: „Diese Frau ist eine Verrückte, alles an der Geschichte ist unwahr. Diese Frau ist nicht die wahre Alexandra Paressant, sie hat ihre Identität gestohlen.“

Ob es Ronaldinhos Bruder gefällt oder nicht: Alexandra Paressant mag besitzergreifend sein, aber sie ist wirklich sie selbst. Auch wenn ihr Umfeld ziemlich weit von der Welt der Pailletten und des Strasses, die in der Boulevardpresse beschrieben wird, entfernt ist. Die einzige Spur einer Vergangenheit als Model ist ihre Teilnahme an einer Hochzeitsmesse in Creusot im Jahr 2003. Creusot ist eine kleine Industriestadt mit 30.000 Einwohnern in Zentralfrankreich, wo sie geboren wurde. Im Übrigen kennt keine Modelagentur auf der Welt eine Alexandra Paressant. Sie behauptete, bei den Dreharbeiten zum nächsten Asterixfilm mitzuwirken, der gerade in Spanien, in der Nähe von Alicante gedreht wird. Bei der Filmproduktionsfirma kennt niemand Alexandra, die dennoch schwört, eine offensichtlich umfangreiche Sprechrolle als Tänzerin bekommen zu haben: „Im Moment kann ich Sie nicht empfangen. Ich muss mehrere Stunden am Tag an meinem Text arbeiten.“ Alexandra gibt also nur Telefoninterviews, sie sei zu beschäftigt, um ihre Verpflichtungen zu erfüllen.

Die Einzigen, die Alexandra leibhaftig gesehen haben, sind einige Glückspilze aus der ersten französischen Liga. Einer von ihnen, der für Paris-Saint-Germain spielt, erzählt: „Mit ihren Freundinnen war sie in den Hotels, in denen wir übernachten. Sie ist irgendwie an unsere Telefonnummern und E-Mail-Adressen gekommen.“ Wie viele andere Fußballer der Mannschaft, wird er im Blog von Alexandra unter der Rubrik „Eroberung“ genannt. Die meisten Spieler lachen eher darüber. „Mit anderen Mannschaftskollegen gehen wir von Zeit zu Zeit auf ihre Homepage, um zu sehen, wer von uns dieses Mal die Ehre hat. Aber offen gestanden ist sie nicht besonders hübsch.“

Die Affäre bei Bildblog

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