BUCH
Eine Männerwelt ohne Schwächen
Zum Tod von Andreas Biermann, der sich entschlossen hatte seine Krankheit öffentlich zu machen – auch mit dem 2011 veröffentlichten Buch "Rote Karte Depression".

Andreas Biermann

Im Trikot des FC St. Pauli: Andreas Biermann, rechts sein Trainer Holger Stanislawski
Foto Hoch Zwei


Als die Profis des FC St. Pauli im Oktober 2009 über einen Sieg in Oberhausen jubeln, tanzt auch Andreas Biermann ausgelassen mit. So sieht es aus, aber Biermann fühlt nichts mehr. Ohne es zu wissen leidet der gebürtige Berliner bereits seit längerem an Depressionen. Einige Tage nach dem Spiel unternimmt er einen Selbstmordversuch, als er wieder zu Bewusstsein kommt, stehen seine Frau Juliane und St. Pauli-Trainer Holger Stanislawski neben dem Krankenbett. Erst die Pressekonferenz von Teresa Enke nach dem Selbstmord ihres Ehemanns macht Biermann schlagartig klar, dass er sich in Therapie begeben muss: 58 Tage und Nächte bleibt er auf der Depressionsstation im Klinikum Nord.

Er entschließt sich, seine Erkrankung öffentlich zu machen. Biermann hat erlebt, wie sehr die Volkskrankheit Nummer eins im Hochleistungskosmos Profifußball als Makel gilt und will etwas verändern. Seine Offenheit bezahlt er mit dem Ende seiner Karriere: Das Angebot von St. Pauli, in der zweiten Mannschaft in der Oberliga zu spielen, lehnt er ab. Er hält es für ein Scheinangebot. „Rote Karte Depression“, das Biermann gemeinsam mit Rainer Schäfer geschrieben hat, ist ein außergewöhnliches, ein offenes Buch über eine Männerwelt, in der nach wie vor keine Schwächen gezeigt werden dürfen. Es bleibt Andreas Biermann zu wünschen, dass sich das irgendwann ändert.

Matthias Greulich


Andreas Biermann/Rainer Schäfer: „Rote Karte Depression“, Gütersloher Verlagshaus, 192 Seiten, 14,99 Euro

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