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Diese Kasse schließt gleich
Kaufen, ehe alles zu spät ist: Vor Ende der Transferperiode werden mitunter in Panik Spieler verpflichtet. Hin und wieder kommt dabei ein Volltreffer heraus, wie Grafite für Wolfsburg oder Arjen Robben für den FC Bayern. Allzu oft wurden jedoch Millionen in den Sand gesetzt. Die größten Last-Minute-Transferflops der Bundesliga. Von Marco Heibel.

 

Edi GliederSelbstbewusst: Edi Glieder kam 2003 vom SV Superpfund Pasching zu Schalke 04 Foto Pixathlon

 

 

Die Mutter aller Last-Minute-Transfers: Edi Glieder
Mit den Transfers auf den letzten Drücker ist es wie in so mancher Diskothek: Am Ende schaut man nicht mehr ganz so genau hin und nimmt, was man kriegen kann. In dieser Hinsicht ist der Wechsel von Eduard „Edi“ Glieder zu Schalke 04 Ende August 2003 die Mutter aller Last-Minute-Transfers. Der mit 34 Lenzen nicht mehr ganz taufrische Österreicher hatte kurz zuvor im Trikot des SV Superfund Pasching Werder Bremen fast im Alleingang aus dem UI-Cup geschossen.

Eine solche Leistung blieb auch den Scouts von Schalke nicht verborgen. Der S04 lieh Glieder für ein Jahr aus. Seine Bilanz im königsblauen Dress: 2 Tore in 16 Spielen. Um die Brücke zum Anfang zu schlagen, muss man allerdings einräumen, dass der selbstbewusste Ösi (Zitat: „Ich bin der beste Stürmer auf Schalke“) nicht allererste Wahl war: Vor dem Glieder-Transfer machten zunächst die Namen Fernando Morientes und Samuel Eto’o rund um die Arena die Runde …

Sinnlos mit Ansage
Am 31. Januar 2010 gab der VfL Wolfsburg die Verpflichtung von Patrick Helmes, Jan Polak, Tuncay Sanli, Je-Cheol Koo und Johandry Orozco für schlanke 18 Millionen Euro bekannt. Nur fünf Tage später, nach einem 0:1 in Hannover, wurde Trainer Steve McClaren beim damaligen Bundesliga-Dreizehnten gefeuert. Mit seinem Abgang wurden auch die Wunschtransfers des Engländers wertlos. Im März musste dann auch Geschäftsführer Dieter Hoeneß gehen. Nur am Rande: Polak, Koo und Orozco spielen beim heutigen „Wölfe“-Trainer Felix Magath keine Rolle. Tuncay spielt mittlerweile in Bolton, auch Patrick Helmes würde man keine Steine in den Weg legen. Wo war noch mal das nachhaltige Konzept?

Was kostet die Welt?
Vor nicht allzu langer Zeit war das Backen kleiner Brötchen nicht das Ding des Hamburger SV. „Think big“ lautete immer schon die Devise des langjährigen HSV-Vorstands Bernd Hoffmann. In diese Kategorie fallen auch die Transfers von Marcell Jansen, Thiago Neves und Alex Silva. Diese drei Spieler verpflichtete der aktuell vom Aussterben bedrohte Bundesliga-Dino zwischen dem 28. und 30. August 2008 – für preissympathische 22 Millionen Euro Ablöse.

Während Marcell Jansen noch in Hamburg kickt, hat sich „Zehner“ Neves bereits nach 6 Bundesligaspielen in die arabische Wüste zu Al-Hilal verabschiedet. Sein Landsmann Alex Silva konnte sich auch aufgrund von Verletzungen nie in der Bundesliga durchsetzen. Er wurde zwischenzeitlich mehrfach in die Heimat verliehen. Im Juli 2011 wurde er nach 27 Pflichtspieleinsätzen für die „Rothosen“ für 2 Millionen Euro an Flamengo Rio de Janeiro verkauft.

„Wir sind alle Hamburger Jungs“
HSV, die Zweite. Überhaupt sollte man in Hamburg von Last Minute-Transfers Abstand nehmen. Denn auch die Wechsel der Flops Juan Pablo Sorin (27. August 2006), Danijel Ljuboja (31. August 2006) und Michael Gravgaard (31. Januar 2009) wurden erst kurz vor Toreschluss eingetütet. Sorin war ablösefrei, während Ljuboja und Gravgaard für kleines Geld ausgeliehen wurden. Dessen ungeachtet, hatten alle drei in Hamburg ein ordentliches Auskommen – und brachten im Gegenzug wenig.

Sorin kam damals als Kapitän der argentinischen Nationalmannschaft zum HSV und sollte dem Team in der Champions League mit seiner Erfahrung helfen. Problem: Er war häufiger auf der Krankenstation als auf dem Platz, und wenn, dann spielte er uninspiriert. Nach 27 Pflichtspielen in zwei Jahren wurden beide Seiten voneinander erlöst.

Danijel Ljuboja hatte sich bereits 2005/06 in Stuttgart den Ruf eines „Söldners“ erarbeitet. In Hamburg zementierte er ihn– was den VfL Wolfsburg und dessen Trainer Felix Magath im Jahr 2008 übrigens nicht von einer Verpflichtung abhielt. Heute spielt Ljuboja bei Legia Warschau. Es ist sein sechster Arbeitgeber in den letzten fünf Jahren.

Der Däne Michael Gravgaard spielte zwar alles in allem eine dezente Halbserie für den HSV. Traurige Berühmtheit erlangte die Leihgabe aus Nantes jedoch im Halbfinal-Rückspiel des UEFA-Cups am 7. Mai 2009 gegen Werder Bremen. Gravgaard war es nämlich, der im Verbund mit einer auf dem Spielfeld liegenden Papierkugel den Eckball verursachte, der das Aus für den HSV besiegelte.

Geht das? Große Namen, kleiner Preis
Besonders gefährlich ist es, wenn große Namen zu scheinbar unschlagbaren Konditionen auf den Transfermarkt kommen. So geschehen bei den italienischen Weltmeistern Massimo Oddo (31. August 2008 für ein Jahr zur Leihe zu Bayern München) und Mauro Camoranesi (31. August 2010 zum VfB Stuttgart). Beide erwiesen sich als (zu) alt, unmotiviert und teuer.

Ok, Oddo wurde damals vom AC Milan eigentlich auch nur geholt, um Luca Toni bei Laune zu halten. Ex-Juve-Star Camoranesi sollte den VfB dagegen allen Ernstes verstärken. Seine unterirdische Bilanz: 7 Spiele, kein Tor, 1 Rote Karte. Vertragsauflösung im Dezember 2010.

Fast auf den gleichen Tag wie Camoranesi wechselte auch ein Vize-Weltmeister von 2006 in die Bundesliga: Der beim FC Arsenal ausgemusterte Mikaël Silvestre schloss sich am 30. August 2010 Werder Bremen an. Der 33-jährige französische Verteidiger hatte in seiner Karriere allerhand gewonnen (5 Meistertitel, Champions League) und in der Szene einen entsprechend großen Namen. Dass der allein nicht alles ist, zeigten seine in der Regel schwachen Leistungen im Trikot der Grün-Weißen. Aktuell ist er verletzt. Böse Zungen behaupten, das sei für Werder keine Schwächung.

Noch so ein Fall ist Giovane Elber. Für Stuttgart und Bayern erzielte der  brasilianische Stürmer zwischen 1994 und 2003 sagenhafte 134 Tore in 256 Bundesliga-Spielen. Nach einem Intermezzo in Lyon kehrte er am 31. Januar 2005 in die Bundesliga zurück – als „Königstransfer“ der Borussia aus Mönchengladbach, die in jener Transferperiode seinem Star-Trainer Dick Advocaat jeden Wunsch erfüllte (neben Elber holte man u.a. noch Wesley Sonck, Craig Moore und Jörg Böhme). Elbers Trikot mit der Nummer 10 war ein Verkaufsschlager, sein Träger kam verletzungsbedingt jedoch nur auf vier Einsätze als Joker. Bald darauf  wurde Advocaat schon wieder gefeuert, und Elber verabschiedete sich zum Karriereausklang nach Brasilien.

 

Giovane ElberIn Gladbach meist verrletzt: Giovane Elber konnte am Niederrhein
nicht zuvor wie in Stuttgart und München auftrumpfen

Foto Stefan Schmid

 

 

Emanuel Centurión: Nicht nur Autos kann man leasen
Kein Artikel über (sinnlose) Last Minute-Transfers ohne Felix Magath. Würde man alle Spieler auflisten, die der dreifache Meistermacher in seiner Laufbahn verpflichtet hat, könnte man ein Telefonbuch füllen. Und obwohl auch Volltreffer wie Edin Dzeko oder Grafite dabei waren, überwiegen doch die Flops. Einer von ihnen, der völlig zu Unrecht längst in Vergessenheit geraten ist, heißt Emanuel Centurión.

2003, als der VfB Stuttgart noch jung und wild war, verpflichtete Felix Magath den 21-jährigen argentinischen Spielmacher kurz vor dem Ende der Sommer-Transferperiode und stattete ihn gleich mit einem Fünfjahresvertrag aus. Das Besondere an dem Deal: Centurión war der erste geleaste Spieler der Bundesligageschichte. Der VfB hatte das Vergnügen, die 2,5 Millionen Euro Ablöse für den Mann über die gesamte Vertragslaufzeit abzustottern. Als das geschehen war, war Felix Magath längst weg. Ebenso wie Centurión, der sich schnell als bundesligauntauglich erwies und im Jahrestakt nach Argentinien verliehen wurde. Erst im Januar 2007 fand man im Club Atletico Colón einen Abnehmer. Ablösesumme: Bagel.


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