POST AUS AFRIKA
Wenn das Trikot der Figur schmeichelt
Das schönste Comeback des südafrikanischen Fußballs: Benni McCarthy, der vor der WM 2010 schmählich vom damaligen Nationaltrainer Alberto Parreira aussortiert wurde, trifft wieder für die Orlando Pirates. Von Christian Gülisch, Südafrika.

 

Benni McCarthy

Im Trikot von Bafana Bafana: Benni McCarthy 2006 in einem Spiel für die südafrikanische Auswahl. Foto Pixathlon

 

Südafrika vor der Weltmeisterschaft 2010 im eigenen Land: Bafana Bafana, das Nationalteam mit diesem so leichtfüßigem Namen sieht sich einiger Skepsis ausgesetzt: Kritiker aus dem In-und Ausland räumen dem Gastgeber nicht einmal Außenseiterchancen im Kampf um die WM-Trophäe ein, sogar der Einzug in das Achtelfinale wird der Mannschaft nicht zugetraut.

Südafrika ist seit acht Spielen ungeschlagen, trotzdem ist die Stimmung zurückhaltend und pessimistisch. Bafana Bafana konnte kaum überzeugen. Auch nicht beim 2:1 Sieg über Kolumbien, nur wenige Tage vor dem Start der WM. Nationalcoach Carlos Alberto Parreira will das Ruder herumreißen und zieht sein letztes Ass aus dem Ärmel: Er nominiert Stürmer Benni McCarthy.

Gerade im Angriff haperte es bei den Südafrikanern, da liegt es nur Nahe einen der erfolgreichsten südafrikanischen Spieler zurück zu holen. Das Problem: McCarthy hatte im Februar bei seinem neuen Arbeitgeber West Ham United eine Knieverletzung erlitten und seitdem vergebens versucht sich wieder an das Team heranzukämpfen. Als McCarthy an diesem 27. Mai 2010 in der zweiten Halbzeit von Parreira eingwechselt wird, bricht lauter Jubel im ausverkauften Soccer City Stadion aus. Benni ist immer noch einer der beliebtesten Spieler im Land. Doch vielleicht lag es an der Entfernung zwischen dem Spielfeld und den Sitzen, oder auch nur an den Fernsehkameras und den brutalen Nahaufnahmen, aber die Menschen vor den Fernsehern mussten sich schon die Augen reiben beim Anblick ihres Lieblingsstürmers. Denn: Benni McCarthy hatte den Frust über seine Verletzung ein bisschen zu sehr in sich hineingefressen – in den eng geschnittenen gelben Nationaltrikots war jedes überflüssige Pfund an McCarthy’s Leib zu erkennen. Leider konnte der Stürmer sein Übergewicht auch nicht durch seine Leistung wettmachen. Das Spiel lief an ihm vorbei, man hatte fast den Eindruck als wäre es zu schnell für ihn.  Der Rest ist bekannt: Carlos Alberto Parreira strich McCarthy aus seinem WM-Aufgebot und das Turnier fand ohne den Stürmer statt.

Dies hätte der Anfang vom Ende der Karriere des jetzt eher bulligen Stürmers sein können und zunächst sah alles danach aus: Im Februar wird McCarthy von West Ham mitgeteilt, dass der Verein nicht mehr mit ihm plant. Er wird aus dem Kader für den Rest der Saison 2010/2011 gestrichen. Im April 2011 verlässt Benni McCarthy den Londoner Club, nach nur 14 Einsätzen (2 von Beginn) und 0 Toren. Er erhält eine Abfindung von 1,7 Mio. Euro. Das Ende von Benni McCarthys bis dato so erfolgreichen Karriere im europäischen Profifußball: 2004 war er ein entscheidender Faktor für Portos Gewinn der Champions League unter Trainer Jose Mourinho. Bei den Blackburn Rovers erzielte er von 2006 bis 2010 52 Tore in 140 Spielen.

Im August 2011 verkündeten die Orlando Pirates, dem Stürmer einen Zweijahresvertrag anbieten zu wollen. Experten und Kritiker machten sich über den vermeintlichen Transfercoup des südafrikanischen Meisters lustig. McCarthy war immer noch übergewichtig und mittlerweile fast 34 Jahre alt, doch der Stürmer ließ sich nicht einschüchtern, bekräftigte immer wieder er sei fit und seine Erfahrung würde den Pirates weiterhelfen. Dabei wirkte McCarthy jedoch nicht wie ein die Jahre gekommener Fußballer, der sein Karriere-Ende schon fest geplant hatte, noch mal ein bisschen Geld verdienen und mit Phrasen die Medien abwehren wollte. Nein, Benni McCarthy war hungrig, er wollte es seinem Heimatland und auch sich selbst noch einmal beweisen: 20 Tore versprach er seinem Team.

Am 12. August 2011 eröffnet der Meister Orlando Pirates die neue Saison der südafrikanischen Premier League. Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit konzentrierte sich aber nicht auf das Spiel gegen die Black Leopards, sondern allein auf Benni McCarthy und seinem Comeback. Doch: Trainer Julio Leal sah ihn nicht für die Anfangsformation vor und so konnte McCarthy den Jubel seiner Mannschaft über das frühe 1:0 in der 10. Minute nur von der Bank aus verfolgen. In der 70. Minute, die Black Leopards hatten mit Beginn der zweiten Halbzeit immer mehr auf den Ausgleich gedrängt, war es endlich so weit: Julia Leal wechselte McCarthy ein. Das schwarze Trikot der Orlando Pirates schmeichelte der Figur des Stürmers und wieder jubelten ihm die Zuschauer zu -  und McCarthy ließ nicht lange auf sich warten: Nur wenige Minuten nach seiner Einwechslung erzielte er das 2:0. Ein Abstauber, aber der Traumstart zum Herbst seiner Karriere war perfekt.

Über die fünf Monate, die McCarthy im Trikot der Pirates bisher spielte, haben sich die Meinungen der Medien und Experten Stück für Stück gewandelt. Die Fitness und Agilität des vorher so bulligen Stürmers haben sich verbessert und auf seinen Torjägerinstinkt kann sich Benni immer noch verlassen. Zuletzt war er ein entscheidender Faktor für den Gewinn des Telkom Cups der Pirates. Im November 2011 verkündete McCarthy jedoch nicht mehr für Südafrikas Nationalteam auflaufen zu wollen. Er hatte seit seinem letzten Auftritt im Mai 2010 kein Spiel mehr für sein Heimatland bestritten: Bafana Bafana läuft immer noch in engen gelben Trikots auf.

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