INTERVIEW
„Ernst Happel hätte heute seine eigene Dusche“
Wegen seines fränkisch-ruhigen Naturells wird Dietmar Beiersdorfer gerne unterschätzt. Zu Unrecht: Der Sportchef des Hamburger SV hat in Hamburg viel bewegt, zuletzt als er Trainer Martin Jol holte. Der 45-Jährige über Persönlichkeitsbildung √† la Ernst Happel, das Biotop Hoffenheim und die Auswirkungen der Finanzkrise. Interview Rainer Schäfer

Dietmar Beiersdorfer
„Ich habe kein Neidgefühl gegenüber Hoffenheim entwickelt“: HSV-Sportchef
Dietmar Beiersdorfer ganz gelassen am Hamburger Elbstrand
Foto Simone Scardovelli



RUND: Herr Beiersdorfer, hat die weltweite Finanzkrise auch Auswirkungen auf die Fußball-Bundesliga?

Dietmar Beiersorfer: Ja, wenn die Firmen, die bei uns Business-Seats und Logen mieten, Etats kürzen müssen, dann kann sich das auswirken. Es kann sein, dass Unternehmen ihr Sponsoring einschränken müssen, dass aber auch im Privatbereich gespart werden muss und weniger Geld für Fußball übrig bleibt.

RUND: Der HSV hat für manche Karten gegen Werder Bremen fast 100 Euro verlangt.
Dietmar Beiersorfer: Das war auf der Grenze, vermutlich sogar ein Stück darüber. Wir werden unsere Schlüsse daraus ziehen: Aus meiner Sicht werden die Karten gegen Bayern München günstiger sein als gegen Bremen.

RUND: Karl-Heinz Rummenigge plädiert dafür, dass in Krisenzeiten nur noch 50 Prozent der Umsätze in Gehälter investiert werden.
Dietmar Beiersorfer: Dann haben wir noch Wachstumspotenzial, wir sind noch nicht einmal bei 40 Prozent angelangt. Aber ich halte es für wünschenswert, dass man zumindest die Ausgangssituation der Klubs definiert: Es darf nicht dazu kommen wie in den Vorjahren, als italienische und auch spanische Klubs weit über ihre Verhältnisse gelebt und versucht haben, den sportlichen Erfolg zu erkaufen. Damit haben sie das gesamte Wettbewerbsumfeld infiziert und beeinflusst. Wenn der Markt überhitzt, steigen die Gehälter, das hat negative Auswirkungen für alle.

RUND: Wird das Gefälle in der Bundesliga durch die Finanzkrise noch größer?
Dietmar Beiersorfer: Die Schere geht eher noch weiter auseinander als dass sie sich schließt. Es wird zu einer stärkeren Klassifizierung innerhalb der Liga kommen. Bislang sind die Übergänge fließend, es gibt keine so großen Differenzen wie in England und Spanien. Das könnte sich durch die Finanzkrise ändern. Wer jetzt oben steht, wird auf längere Sicht einen Wettbewerbsvorteil haben.

RUND: Ärgert es Sie, wenn Vereine wie Hoffenheim andere Finanzierungs-Möglichkeiten haben als der HSV?
Dietmar Beiersorfer: Das sehe ich ganz gelassen. Ich habe zumindest noch kein Neidgefühl entwickelt. Wir haben uns mittlerweile auch gute Möglichkeiten erarbeitet. Ich finde, dass in Hoffenheim auf eine strukturierte und planerisch sinnvolle Art gearbeitet wird. Da ist überhaupt nichts dagegen einzuwenden. In Hoffenheim kann noch mit relativ geringen äußeren Einflüssen gearbeitet werden. Die werden zunehmen.

RUND: Wie denn?
Dietmar Beiersorfer: Auf dem Markt wird schon darüber spekuliert, dass Hoffenheimer Spieler sich vorstellen können, den Verein zu verlassen. In die Idylle, in das Biotop Hoffenheim werden auch die negativen Einflüsse der Branche Einzug halten. Die Loyalität der Spieler zu ihrem Klub wird auch in Hoffenheim begrenzt sein.

RUND: Hoffenheim ist Herbstmeister, der HSV Tabellen-Vierter. Ist der HSV schon eine Spitzenmannschaft?
Dietmar Beiersorfer: Wir haben noch Potenziale, was die Synergie der Spieler angeht, was in Hoffenheim sehr gut klappt: Dass die Summe mehr ist als die einzelnen Teile.

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