Thomas Hitzlsperger

Doku über homosexuelle Fussballer

 „Die Hoffnung ist, dass Fans weiter sind als die Verantwortlichen denken“

Manfred Oldenburg ist Regisseur der sehenswerten Doku „Das letzte Tabu“. Er lässt neben Thomas Hitzlsperger diejenigen Profifußballer ihre ganz persönliche Geschichte erzählen, die sich als homosexuell geoutet haben. Interview Matthias Greulich

weiterlesen

BUNDESLIGA
Eine Milliarde reicht längst nicht mehr
Uli Hoeneß hatte es vorausgehen: In der Bundesliga ist noch einmal an der Kommerzschraube gedreht worden – und in der Premier League wird noch mehr Geld für die TV-Rechte bezahlt. Das Unterhaltungsgeschäft Fußball hat sich weit von seinen Wurzeln entfernt. Für einige Anhänger zu weit.

 

Uli HoeneßEr hat es vorausgesehen: Als Uli Hoeneß, damals Manager des FC Bayern, von einer Milliarde Mark an TV-Erlöse für die Bundesliga sprach, wurde er belächelt. Foto Pixathlon

 

Es ist also doch noch eingetreten, was Uli Hoeneß bei einem Vortrag vor Münchner Wirtschaftsstudenten prophezeite. Der damalige Manager des FC Bayern sprach Ende der1970er-Jahre  die Erwartung aus, dass die Fernsehrechte an der Bundesliga irgendwann einmal eine Milliarde Mark pro Jahr bringen würden. Nun sind es sogar 628 Millionen Euro – umgerechnet 1,228 Milliarden Mark – geworden, die seit der Saison 2013/14 gezahlt werden. Die Summe kommt im Wesentlichen durch das Angebot des Bezahlsenders Sky zustande, der mit den Bundesliga-Live-Übertragungen auf Abonnenten-Fang in Deutschland geht. 486 Millionen Euro zahlt Sky dafür pro Jahr.

Doch die Bundesliga will mehr, seitdem die englische Premier League bekanntgab, für die drei Spielzeiten von 2016 bis 2019 umgerechnet 6,9 Milliarden Euro an TV-Geldern zu bekommen. Die unerfreuliche Konsequenz für die Fans in Deutschland: der Spieltag dürfte weiter zerstückelt werden. Bald könnte es auch am ungeliebten Montagabend Erstligafußball geben – wenn sich dadurch die Einnahmen erhöhen lassen.
 

Die größer gewordene Abhängigkeit von den Pay-TV-Millionen birgt allerdings auch Risiken: Schon 2002 war die Kirch-Gruppe mit ihrem Versuch, das Bezahlfernsehen zu etablieren gescheitert und musste Insolvenz anmelden. In der Folge hatten die Profiklubs über Nacht mit erheblichen Einnahmeausfällen zu kämpfen, es regierte der Sparzwang.

Der Boom der Liga bleibt ungebrochen: Mit 42.685 Zuschauern pro Spiel bleibt die Bundesliga unverändert die zuschauerstärkste Fußballliga der Welt. Ein noch höherer Wert war seit der Bundesliga-Premiere von 1963 allein 2011/12 (44.293) erreicht worden.

Es fragt sich, wann die Grenze der Kommerzialisierung erreicht ist.  Von seinen Wurzeln hat sich der Fußball in den modernen High-Tech-Arenen mittlerweile weit entfernt. Hinter verglasten Scheiben im VIP-Bereich gerät das Spiel mitunter zur Nebensache. Kommen die Dauerkarteninhaber auf den teuren Plätzen nach dem Ende der Halbzeit zu spät, bleiben viele Sitze leer. Für Stimmung müssen die Fans auf den Stehrängen sorgen, aber dort hat die Kommerzialisierung für Enttäuschungen gesorgt.  

Nach der Ausgliederung der Profis in eine neu gegründete HSV Fußball AG war für einige Fans das Fass zum Überlaufen gekommen. Sie wendeten sich von ihrem Herzensklub ab und gründeten den HFC Falke. Der Verein startete in der Kreisklasse, zu seinem ersten Spiel kamen 750 Zuschauer. Sie trugen schwarz-weiß blau, sangen aber: „Nur der HFC“!“

Auf einen gemeinsamen Nenner kommen HFC-Fans und HSV-Fans, wenn es um die glorreiche Vergangenheit der Hamburger geht. Ein Teil davon ist Gert „Charly“ Dörfel, der einst auf die überflüssige Frage eines Schiedsrichters „Wie heißen Sie?“ trocken antwortete: „Meyer“. Er flog wegen Schiedsrichterbeleidigung vom Platz und wurde eine Woche gesperrt.

„Charly“, wie Uwe Seeler Spross einer Hamburger Fußballfamilie (Vater Fritz bestritt zwei, Bruder Bernd 15 und er 12 Länderspiele), war schon dabei, als eine junge HSV-Elf 1960 mit Uwe Seeler, Klaus Stürmer und den später als Journalisten Karriere machenden Jürgen Werner und Gerd Krug den 1. FC Köln im Endspiel um die Deutsche Meisterschaft 3:2 bezwang. Schon zu dieser Zeit und später noch neun Jahre in der Bundesliga (1963–1972) schlug er die „krummen“ Flanken, durch die HSV-Nationalspieler Manfred Kaltz in den 1980er-Jahren berühmt wurde. »Ich bin der Erfinder der Bananenflanken und nicht der Kaltz. Das muss einmal gesagt werden«, reklamiert „Charly“ diese Spezialität nach wie vor für sich.

Bei einem Spiel in Köln wollte er endlich einmal das Toupet ausprobieren, für dessen Hersteller er bei seinen Ausflügen in die Hamburger City Reklame lief. Doch Trainer Georg Knöpfle verbot Dörfel dieses Vorhaben. Begründung: „Wenn ein Kölner Spieler dem Charly das Toupet aus Versehen vom Kopf reißt, ist es aus mit seinem Selbstvertrauen.“ Fortan verzichtete Dörfel gänzlich auf das Haarteil und trug wieder Glatze.

Einen Tabak- und Zeitungsladen als Nebenjob gab „Charly“ nach anderthalb Jahren wieder auf, und auch die Idee, irgendwann eine Parfümerie zu eröffnen, realisierte der Duftwasserliebhaber nie. Ein Schock war es für ihn, als HSV-Sprecher Günter Schiefelbein im Februar 1972 den Präsidiumsbeschluss bekanntgab: „Herr Dörfel darf das HSV-eigene Sportplatzgelände am Rothenbaum nicht mehr betreten.“ Weil er sich mit Trainer Klaus Ochs und Spielerkollegen wegen der Verpflichtung von Georg Volkert als Linksaußen in die Haare geraten war, hatte ihn der Trainer schon vorher vom Trainingsbetrieb ausgeschlossen.

Danach spielte er nicht mehr für die Hamburger und ging für einige Monate nach Südafrika. 1973 unterschrieb er, inzwischen 34 Jahre alt, einen Zweijahresvertrag beim Hamburger Regionalligaklub HSV Barmbek-Uhlenhorst zu Bedingungen, die einen Bundesligamillionär von heute schmunzeln lassen: „Charly“ spielte für 160 Mark Grundgehalt und 15 000 Mark Handgeld, zahlbar in drei Raten zu je 5000 Mark.

Der frühe Versuch des Spielers,  sich en passant auch einen Namen als Schlagersänger zu machen, scheiterte. „Dörfel traf viele Bälle, aber kaum einen Ton, als er 1965 sang ,Ich las viel Romane und habe viel nachgedacht, ich glaube, dass ich ahne, wie man es richtig macht’“, spottete die „FAZ“. In den 1990er-Jahren arbeitete Dörfel als Gerichtsvollzieher, ehe er sich ins Rentnerleben nach Meckelfeld zurückzog.

Zurück  |