ONLINE-EXTRA RUND 2/07
Der neue Diego
Beim VfL Wolfsburg wurde Diego Benaglio bei seinem Einstand gefeiert. Gegen Schalke hielt er den entscheidenden Strafstoß im Elfmeterschießen. Bislang stand Benaglio beim portugiesischen Erstligisten C.D. Nacional auf der Atlantikinsel Madeira im Tor. Dort spielen auf 794 Quadratkilometern sage und schreibe zwölf Profiklubs. Interview Rainer Schäfer



„Hin und wieder glaubt man, dass die Welt untergeht“: Diego Benaglio
Foto Urban Zintel


RUND: Herr Benaglio, Sie haben drei Jahre beim VfB Stuttgart gespielt. Warum sind sie auf eine Insel gewechselt, die für ihre bunten Blumen und nicht für ihren Fußball bekannt ist?
Diego Benaglio: Ich habe in Stuttgart bei den Profis trainiert und bei den Amateuren gespielt. Nach drei Jahren wollte ich die Nummer eins sein auf möglichst hohem Niveau. Ich schätze die portugiesische Liga als recht gut ein.

RUND: Entschuldigung, aber das Training sieht eher aus wie in der deutschen Regionalliga.
Diego Benaglio: Das täuscht, hier wird genau so seriös gearbeitet wie in Deutschland. Die Bundesliga ist physisch sicher stärker als die portugiesische, aber das technische Niveau ist gut, was auch an den vielen Brasilianern liegt, die auf Madeira ihr Geld verdienen. Aber auch die Portugiesen spielen einen technisch sehr gepflegten Fußball.

RUND: Was verwundert bei den widrigen Bedingungen. Sie trainieren und spielen oben in den Bergen, wo extreme Witterungsschwankungen alltäglich sind.
Diego Benaglio: Hin und wieder glaubt man hier oben, dass die Welt untergeht. Manchmal ist es extrem windig, manchmal regnet es extrem und dann ist wieder schönstes Wetter. Unser Stadion hat schon ein spezielles Ambiente. Viele Mannschaften tun sich wahnsinnig schwer, wenn sie hierher kommen. Gerade auch die großen Mannschaften vom Festland, aus Lissabon und aus Porto.

RUND: Wird Nacional unterschätzt?
Diego Benaglio: Das kann gut sein. Wenn du am Mittwoch vor 60.000 Zuschauern Champions League spielst und am Wochenende vor 3000 Leuten auf einer Urlaubsinsel, musst du vom Kopf her bereit dazu sein.

RUND: Trotz der geringen Zuschauerzahlen: Madeira ist enorm fußballverrückt und leistet sich neben den Erstligisten Nacional und Maritimo noch sieben Zweitligisten und drei Drittligisten.
Diego Benaglio: Die Leute sind sehr enthusiastisch, Fußball ist die ganze Zeit ein Thema. Die Rivalität zwischen Nacional und Maritimo ist stark ausgeprägt. Eine Woche vor dem Derby wird die Anspannung unerträglich. Überall wird man angesprochen: Das Spiel dürft ihr auf keinen Fall verlieren. In der vergangenen Saison konnten wir Maritimo hinter uns lassen und uns sogar für den UEFA-Cup qualifizieren. Das wollen wir wiederholen.

RUND: Kann man auf Madeira ein Spitzenteam der portugiesischen Liga aufbauen?
Diego Benaglio: Die großen Klubs haben ganz andere Rahmenbedingungen. Auf Madeira sind die Stadien zu klein, es gibt bislang zu wenig Trainingsplätze, um den Nachwuchs gut ausbilden zu können. Die ersten drei Plätze in der Tabelle sind an den FC Porto, Sporting und Benfica Lissabon vergeben. Wenn wir uns im vorderen Mittelfeld in Richtung UEFA-Cup bewegen, ist das ein großer Schritt nach vorne. Champions League sollte man nicht von uns erwarten, aber wenn es anders kommt, nehmen wir das dankbar an.



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